Juni 2018 |
180608 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Aufsichtsrat der Technischen Werke Ludwigshafen (TWL) beschloss am 30. Mai überraschend die Trennung von den beiden Vorständen Reiner Lübke und Hans-Heinrich Kleuker, die das Unternehmen bisher geführt haben. Wie die TWL am 4. Juni in einer knappen Notiz mitteilten, sind beide zum 1. Juni "einvernehmlich" ausgeschieden. Grund der Trennung seien "die berufliche Neuorientierung von Herrn Dr. Lübke und Herrn Dr. Kleuker sowie grundlegende Meinungsverschiedenheiten zu den Baukosten für das Projekt 'Freischwimmer' in Ludwigshafen".
Das Projekt "Freischwimmer" ist ein ehemaliges Hallenbad, das die TWL Ende 2016 erworben haben, um es zu einem Gründungszentrum für Jungunternehmer umzubauen. Laut Geschäftsbericht 2016 wollten die Stadtwerke bis 2019 rund sechs Millionen Euro ausgeben, um auf diese Weise "den Wirtschaftsstandort Ludwigshafen zu stärken und die Innovationskultur im eigenen Unternehmen zu fördern".
Anscheinend verloren die beiden Vorstände damit aus Sicht der kommunalen Aufsichtsräte die finanzielle Bodenhaftung, zumal die Investitionskosten anfangs nur mit rund zwei Millionen Euro beziffert wurden. Außerdem dürfte es nicht unproblematisch sein, wenn Stadtwerke plötzlich Wirtschaftsförderung betreiben wollen. Jedenfalls hatte sich der Aufsichtsrat schon mehrfach mit dem Projekt befaßt und eine Prüfung der Baukosten durch die städtische Revision veranlaßt. Das Ergebnis dieser Revision bewirkte dann die abrupte Trennung. Indessen scheint nicht beabsichtigt zu sein, das schon weitgehend vollendete Projekt "Freischwimmer" zu stoppen.
Der Rauswurf habe "nichts mit persönlichen Differenzen zu tun", erklärte die Oberbürgermeisterin und TWL-Aufsichtsratsvorsitzende Jutta Steinruck (SPD) auf Anfrage des "Mannheimer Morgen" (6.6.). Aber die Kosten des Projekts seien "erheblich überschritten" worden. Mehr dürfe sie dazu nicht sagen, denn "zu den vertraglichen Inhalten des Vorstandswechsels wurde Vertraulichkeit vereinbart".
Zu den "grundlegenden Meinungsverschiedenheiten" haben vermutlich auch noch andere Aktivitäten des umtriebigen Führungs-Duos beigetragen. So kündigten die TWL im Februar an, sie würden "als erster Energieversorger in Deutschland in einem Feldversuch in Ludwigshafen die Blockchain-Technologie für die dezentrale Laststeuerung von Strom" testen und so den "Energiemarkt von morgen simulieren". Noch phantasievoller klang die Erweiterung des Vertriebs-Portfolios um "veganen Strom" und "veganes Gas", die der Vorstand zur selben Zeit avisierte. Beispielsweise darf veganer Strom nicht von Windkraftanlagen stammen, weil diese Vögel gefährden, während Solarstrom zumindest solange als unbedenklich akzeptiert wird, wie das Modul nicht ausgerechnet auf einem Kuhstall steht. Entsprechend muss veganes Gas ausschließlich aus pflanzlichen und nicht aus tierischen Abfällen erzeugt worden sein. – "Sicher ein Nischenprodukt", meinte dazu der TWL-Vorstand Reiner Lübke , "aber die vegane Community in Deutschland wächst stetig. Daher sind wir davon überzeugt, dass das Produkt zukunftsträchtig ist. Und es ist auf jeden Fall eine Möglichkeit, ein Produkt wie Strom zu emotionalisieren. In den Chats geht es richtig ab."
Erst sieben Wochen vor ihrem Rauswurf waren die beiden Vorstände noch mit dem "Stadtwerke Award 2018" ausgezeichnet worden, den der Konferenzveranstalter "Euroforum" mit dem Branchenmagazin "energie & management" als Medienpartner verleiht (Euroforum ist seit Herbst vorigen Jahres eine "Handelsblatt"-Tochter). Die Jury würdigte damit den "beeindruckenden Transformationsprozess", der bei TWL stattgefunden habe. Besonders beeindruckt zeigte sie sich von den "exzellenten Ansätzen für eine Innovationskultur wie der 'Freischwimmer'". Schon im Vorjahr hatten die TWL bei dieser PR-Veranstaltung den zweiten Platz belegen können.
Logo des neuen "Stadtwerke Awards" , den ab diesem Jahr die Kommunalwirtschaft verleiht. |
Der erwähnte Preis darf übrigens nicht mit einem weiteren "Stadtwerke Award" verwechselt werden, den neuerdings die Kommunalwirtschaft aus der Taufe gehoben hat und den sie erstmals im September im Rahmen des VKU-Stadtwerkekongresses 2018 verleihen will. Es handelt sich um einen Abkömmling des älteren "Stadtwerke Awards", an dem neben "Euroforum" und "energie & management" auch der Stadtwerke-Verbund Trianel maßgeblich beteiligt war. Trianel hat sich schon vor längerem entschieden, den Sponsoring-Vertrag mit Euroforum nach dem Auslaufen nicht zu verlängern und stattdessen zusammen mit dem "Verband Kommunaler Unternehmen" (VKU) einen eigenen "Stadtwerke Award" zu verleihen. Zur Nutzung des Namens sind sowohl der alte als auch der neue Verleiher berechtigt. Zusätzlich hat Trianel im April 2016 beim Deutschen Patent- und Markenamt eine entsprechende Wort-Bild-Marke registrieren und zehn Jahre lang schützen lassen (siehe Grafik). Allerdings darf bezweifelt werden, ob das reichen wird, um beide PR-Veranstaltungen künftig in der öffentlichen Wahrnehmung säuberlich zu unterscheiden.
Auf Nachfrage, weshalb es zu dieser Duplizität gekommen ist und worin sich die beiden Preise unterscheiden, antwortete der VKU: "Die Preise unterscheiden sich zwar nicht im Namen, haben aber sehr unterschiedliche Ausrichtungen. Trianel möchte das Engagement von Stadtwerken in der Energiewende herausheben, lobt das Stadtwerk der Zukunft aus und würdigt die Ganzheitlichkeit und Übertragbarkeit der Projekte. Euroforum wechselt jährlich die Themen und hat einen stärkeren Fokus auf die Innovation. Beide Preise pflegen eine freundschaftliche Koexistenz."