September 2018 |
180903 |
ENERGIE-CHRONIK |
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Die Hersteller von Windkraftanlagen müssen sich auf einen Rückgang des Zubaus in Deutschland einstellen. Nach dem 2017 erreichten Höchststand von 5.334 Megawatt an neu errichteter Brutto-Nennleistung bei Windkraft an Land (inklusive Repowering) wurden in diesem Jahr bis Ende Juni nur 1.500 MW in Betrieb genommen. Der Zubau für das Gesamtjahr wird 3.000 bis allenfalls 3.500 MW betragen. Für 2019 ist sogar nur noch ein Zubau zwischen 1.500 und 2000 MW zu erwarten und für 2020 zwischen 2.500 und 3.500 MW. Dies ergibt sich aus einer vom 18. September datierten Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion zur Lage der deutschen Windindustrie und den Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in diesem Bereich.
Bei Windkraftanlagen auf See geht die Bundesregierung davon aus, dass in den Jahren 2018 bis 2020 insgesamt 2.000 bis 2.300 MW in Betrieb gehen werden, wobei der Schwerpunkt mit jeweils bis zu 1.000 MW in den Jahren 2018 und 2019 liegen dürfte. Im Vergleich mit den 1.275 MW des Jahres 2017 wäre das ebenfalls eine deutliche Verlangsamung des Ausbautempos.
Die deutsche Windindustrie beschäftigte 2016 – neuere Zahlen liegen der Bundesregierung nicht vor – 160.099 Arbeitskräfte, wovon 132.975 auf landgestützte Windkraft und 27.124 auf Offshore-Anlagen entfielen. Da der Marktführer Enercon und andere Unternehmen der Branche den Abbau von Arbeitsplätzen angekündigt haben, wollten die Grünen wissen, wie die Regierung die Entwicklung der Beschäftigungssituation einschätze. Bei diesem Kernanliegen der Anfrage, die mit "Bedrohte Arbeitsplätze in der deutschen Windindustrie" überschrieben war, fiel die Antwort jedoch sehr dürftig aus: "Der Bundesregierung liegen keine näheren Informationen über künftige einzelbetriebswirtschaftliche Arbeitsplatzentscheidungen der Unternehmen vor."
Nur sehr allgemein antwortete die Bundesregierung auch auf die Frage, welche Unternehmen aus der Zuliefer-, Transport- und Servicebranche "durch den im derzeitigen Ausschreibungsregime deutlich verkleinerten deutschen Markt" betroffen seien und wieviele Arbeitsplätze hier bedroht seien:
"Bei Herstellern und Zulieferern der Windenergieindustrie laufen derzeit international umfassende Umstrukturierungen und Konsolidierungsprozesse ab. Der Grund hierfür ist unter anderem der Preisdruck von Ausschreibungen in Deutschland, aber auch in internationalen Märkten. Dabei dürften große und international ausgerichtete Unternehmen deutlich besser auf Marktschwankungen und den internationalen Wettbewerbsdruck reagieren können. Seit wenigen Jahren ist ein Trend der Verlagerung von Produktionsstandorten von Deutschland in Länder mit niedrigeren Löhnen erkennbar. Verstärkt wird der Trend durch verschiedene local-content-Vorgaben in den verschiedenen internationalen Märkten."
Fünf norddeutsche Bundesländer veröffentlichten am 25. September gemeinsam mit Vertretern der Windbranche einen "Aufruf Windenergie". Darin verweisen sie auf das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel der Bundesregierung, bis 2030 den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung auf etwa 65 Prozent zu erhöhen (180206). "Vor dem Hintergrund des voranschreitenden Klimawandels und der Bedrohung Tausender von Arbeitsplätzen" müsse unverzüglich mit der entschlossenen Umsetzung dieses Ziels begonnen werden. Die von den Koalitionspartnern vereinbarten Sonderausschreibungen für Windkraftanlagn müßten zügig durchgeführt und die Ausbauziele erhöht werden. Bei Windkraft an Land sei ein Netto-Zubau von mindestens 4.000 Megawatt jährlich erforderlich. Bei den Offshore-Anlagen müsse der längerfristige Ausbaupfad bis zum Jahr 2030 von 15.000 MW auf mindestens 20.000 MW und bis 2035 auf mindestens 30.000 MW angehoben werden.
Unterstützt wird der Appell von den Umwelt- und Energieministern der Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Aus der Windbranche unterzeichneten ihn u.a. der Bundesverband Windenergie, die Arbeitsgemeinschaft Offshore-Energie, die Stiftung Offshore-Windenergie und die IG Metall Küste.