Juni 2020

200614

ENERGIE-CHRONIK


 

Bei der Opec-Tagung am 5. März waren die Schwergewichte Russland und Saudi-Arabien nicht bereit, den seit Jahresanfang andauernden Sinkflug des Ölpreises aufzuhalten. Stattdessen hatten sie ihn durch Produktionsausweitungen noch verstärkt, um die US-Fracker unter die Rentabilitätsschwelle zu drücken. Allerdings schmälerten sie damit auch ihre eigenen Profite schmerzhafter als erwartet. Am 10. April bildeten sie deshalb die Hauptstützen der Opec-Plus-Runde, die detaillierte Förderkürzungen bis ins Jahr 2022 beschloss. Es dauerte freilich bis Ende des Monats, ehe die anfängliche Maximal-Kürzung um täglich 9,7 Millionen Barrel Wirkung zeigte. Vorsichtshalber wurde sie deshalb am 6. Juni bis Ende Juli verlängert.

Opec verlängert Förderbeschränkung bis Ende Juli

Die 13 Mitglieder der Organisation erdöxexportierender Länder (Opec) und die mit ihnen kooperierenden Ölförderstaaten (Opec plus) haben am 6. Juni die Förderbeschränkung verlängert, die sie am 10. April beschlossen und die bis Ende Juni eine eine Kürzung um täglich 9,7 Millionen Barrel vorsah (200402). Die vorgesehene Verringerung dieser Kürzung auf 7,7 Millionen Barrel wird damit erst im August statt im Juli wirksam. Der bisherigen Beschlusslage zufolge soll sie bis Jahresende auf diesem Niveau bleiben und dann bis zum 30. April 2022 nur noch 5,8 Millionen Barrel betragen.

Der Ölpreis hat sich nach dieser Entscheidung bei ungefähr 40 Dollar pro Barrel Brent stabilisiert (siehe Grafik). Zuvor war er seit Ende April fast kontinuierlich gestiegen. Die am 10. April beschlossenen Förderbeschränkungen der Opec-plus-Staaten konnten also einen weiteren Verfall des Brent-Preises von 31,48 bis auf 19,33 Euro zunächst nicht verhindern. Vermutlich lag das am Überangebot, das erst abgebaut werden musste, sowie an der Unsicherheit, wieweit die Beschlüsse tatsächlich befolgt würden. Wie aus der Verlautbarung vom 6. Juni hervorgeht, haben tatsächlich einige Förderstaaten im Mai und Juni die beschlossenen Kürzungen nicht erfüllt. Sie hätten aber ihre Bereitschaft bekundet, dies im Juli, August und September durch zusätzliche Produktionsminderungen auszugleichen.

Die Opec-plus-Runde betonte, dass neben den Fördersenkungen "die allmähliche Lockerung vieler Sperrmaßnahmen infolge der weltweiten Covid-19-Pandemie und eine Belebung der Wirtschaft zu einer vorsichtigen Erholung und der Rückkehr zu mehr Stabilität auf dem Ölmarkt beigetragen" hätten. Da die weltweite Ölnachfrage für das gesamte Jahr 2020 voraussichtlich um etwa 9 Millionen Barrel täglich schrumpfen werde, erfordere die Konsolidierung dieser allmählichen Erholung jedoch ein anhaltendes Engagement und verstärkte Anstrengungen aller wichtigen Förderländer.

Das individuelle Interesse der Opec-Mitglieder und ihrer Unterstützer an einem möglichst hohen Ölpreis konkurriert dabei mit ihrem kollektiven Bestreben, die USA vom ersten Platz auf der Weltrangliste der Ölförderer zu verdrängen. Das gelingt nur, wenn der Ölpreis nicht allzu weit über den im Juni erreichten Stand steigt. Andernfalls wird das "Fracking" wieder attraktiver, mit dem die USA ihre seit den siebziger Jahren rückläufige Rohöl-Förderung seit 2009 wieder erhöhen konnten und sowohl Saudi-Arabien als auch Russland überflügelten (141101).

 

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