August 2020 |
200813 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei um die Nutzung vermuteter Gasvorkommen im Mittelmeer (200103) hat sich weiter zugespitzt. Nach einer zeitweiligen Beruhigung, die vor allem auf die diplomatischen Bemühungen der Bundesregierung zurückzuführen war, kam es anstelle der erwarteten Verhandlungen zwischen den beiden Kontrahenten zu einer erneuten Konfrontation, weil Griechenland überraschend ein Abkommen mit Ägypten über die beiderseitigen Einflusszonen im Mittelmeer geschlossen hat. Es ist zwar rechtlich besser fundiert als das vorangegangene Abkommen zwischen der Türkei und Lybien, mit dem die Machthaber in Ankara und Tripolis den Grenzverlauf im Mittelmeer willkürlich zum Nachteil Griechenlands und Zyperns verfälschten, wird nun aber von der Türkei als Provokation empfunden. Diese sieht sich durch die Grenzziehungen benachteiligt, die nach dem ersten Weltkrieg erfolgten und den teilweise recht kleinen griechischen Inseln vor der türkischen Küste relativ große Hoheitszonen bescherten. Sie macht demgegenüber geltend, dass diese Zonen zum türkischen Festlandsockel gehören würden. Als Reaktion auf das Abkommen mit Ägypten schickte sie von Kriegsschiffen begleitete Explorationsschiffe in die Gewässer um einige der griechischen Inseln. Außerdem erweiterten beide NATO-Mitglieder ihre Drohkulissen mit der Durchführung von Marine- und Luftwaffenmanövern in den umstrittenen Gebieten.
Am 25. August reiste Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nach Athen und anschließend nach Ankara. Der Konflikt sei "ein Spiel mit dem Feuer", sagte er in Athen und rief beide Parteien dazu auf, Provokationen zu unterlassen. Die jeweils erhobenen Ansprüche auf das Erdgas im östlichen Mittelmeer müssten in Verhandlungen auf der Basis des Völkerrechts geregelt werden. Der Konflikt beschäftigte auch die Teilnehmer eines informellen Treffens der EU-Aussenminister, das am 26. und 27. August in Berlin stattfand.