Juni 2022

220610

ENERGIE-CHRONIK


Ab 2035 sollen durch neue Pkw keine zusätzlichen Treibhausgase entstehen dürfen

Ab 2035 dürfen neue Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge nur noch dann verkauft werden, wenn dadurch keine zusätzliche Belastung der Atmosphäre durch Kohlendioxid oder andere Treibhausgasen entsteht. Das ist die gemeinsame Schnittmenge von zwei unterschiedlichen Positionen, die im Juni die Abgeordneten des EU-Parlaments und die Umweltminister der 27 Mitgliedsstaaten zu einem Vorschlag der EU-Kommission bezogen. Strittig blieb, ob dieser Minimalkonsens mit einem faktischen Verbot von Verbrennungsmotoren verbunden sein soll, wie es der Vorschlag vorsieht, den die EU-Kommission am 14. Juli vorigen Jahres im Rahmen ihres Klimapakets "Fit for 55" vorlegte (210704). Während das Europäische Parlament am 8. Juni auf seiner Plenartagung in Straßburg diesen Vorschlag ohne Abstriche unterstützte, verlangte der EU-Umweltrat auf seiner Sitzung am 28. Juni in Brüssel, dass auch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ab 2035 noch zugelassen werden können, sofern sie mit sogenannten klimaneutralen Kraftstoffen (E-Fuels) betrieben werden.

Ein förmliches Verbot von Verbrennungsmotoren war nie geplant

Das faktische Verkaufsverbot für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ergäbe sich indirekt aus der Verschärfung der seit 2020 geltenden Minderungsziele für die CO2-Emissionen neuer Fahrzeuge (190505), die stufenweise bis auf hundert Prozent angehoben werden. Der Verkehrsbereich soll so einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der "Klimaneutralität" bis 2050 und zur Senkung der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 erbringen – beides Ziele, die im "Europäischen Klimagesetz" (191204, 200303) verankert sind, das nach der Einigung zwischen den unterschiedlichen Positionen von Parlament (201006) und Rat (201205) am 29. Juli 2021 als EU-Verordnung 2021/111 in Kraft getreten ist.

E-Fuels gelten als "klimaneutral", weil ihre CO2-Emissionen vorher der Luft entzogen wurden

Mit Wasserstoff betriebene Verbrennungsmotoren bleiben bei dieser Null-Toleranz am Auspuff weiter zulässig, sofern der Wasserstoff per Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Betroffen wären jedoch E-Fuels, weil diese durchaus Abgase mit CO2-Emissionen freisetzen. Sie gelten nur deshalb als klimaneutral, weil dieses Kohlendioxid nicht fossilen Brennstoffen entstammt, sondern bei der Herstellung der E-Fuels in einem aufwendigen Prozess und unter Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien zuvor der Luft entzogen wurde.

Auf Drängen der FDP unterstützt auch die Bundesregierung die Zulassung von synthetischem Sprit

Abgesehen von Spezialanwendungen gelten E-Fuels als völlig unwirtschaftlich und auch nicht als besonders klimafreundlich, weil der dafür erforderliche "Grünstrom" aus erneuerbaren Energien viel zu knapp und wertvoll ist, um ihn für derartigen synthetischen Sprit zu vergeuden (siehe Hintergrund, Juni 2020). Trotzdem hat sich auf Drängen der FDP auch die Bundesregierung im EU-Umweltrat für die Ausnahmeregelung eingesetzt. Die EU-Kommission hat bereits einen Kompromißvorschlag zugesagt, der außerhalb des Systems der Flottengrenzwerte die Zulassung von E-Fuels für besondere Zwecke ermöglichen würde. Das ist der FDP freilich zu wenig. In einer Mitteilung der Bundesregierung vom 29. Juni heißt es deshalb zweckoptimistisch: "Nach dem gemeinsamen Verständnis der Bundesregierung bezieht sich das auch auf Pkw und leichte Nutzfahrzeuge."

 

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