Mai 2024

240505

ENERGIE-CHRONIK




Der "Internationale Tag der Sonne" am 3. Mai war für die Stadtwerke Tübingen ein idealer Termin für den ersten Spatenstich zum Bau der neuen Solarthermie-Anlage. Neben dem SWT-Geschäftsführer Ortwin Wiebecke (2.v.r.) spatete im blauen Anzug der Tübinger Oberbürgermeister und SWT-Aufsichtsratsvorsitzende Boris Palmer.
Foto: SWT

Wärmeplanungsgesetz sichert Solarthermie festen Platz bei Fernwärme

Das Wärmeplanungsgesetz, das gemeinsam mit der Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes (200604) am 1. Januar in Kraft trat (231110), schreibt in § 30 für neue Wärmenetze einen Erneuerbaren-Anteil von mindestens 65 Prozent vor. Gemäß § 29 müssen bis 2030 alle Bestandsanlagen zu mindestens 30 Prozent "aus erneuerbaren Energien, unvermeidbarer Abwärme oder einer Kombination hieraus" gespeist werden. Ab 2040 sollen es sogar 80 Prozent sein. Diese Anforderungen sind selbst mit Großwärmepumpen nur schwer zu erfüllen. Deshalb erlangt die solarthermisch erzeugte Wärme derzeit beim Betrieb von Fernwärme-Netzen einen neuen Stellenwert. Das demonstrieren die bereits realisierten Solathermie-Anlagen, die in Ludwigsburg, Greifswald, Potsdam oder Mühlhausen die Fernwärmeversorgung unterstützen, sowie die neuen Projekte, die jetzt in Leipzig und Tübingen von den kommunalen Versorgern in Angriff genommen wurden.

Tübingen will den Erneuerbaren-Anteil an der Fernwärme bis 2030 sogar auf 50 Prozent erhöhen

Bisher dürften es vor allem Fördergelder gewesen sein, die Stadtwerke veranlasst haben, ihre Fernwärme-Technik durch Solarthermie zu ergänzen. Seit der Verabschiedung des Wärmeplanungsgesetzes kommt der Druck hinzu, konkreten Anforderungen genügen zu müssen. – Besonders dann, wenn man noch höher gesteckte Ziele verfolgt wie die Stadt Tübingen und ihre Stadtwerke, die erklärtermaßen den Erneuerbaren-Anteil an der Fernwärme bis 2030 nicht nur auf 30, sondern sogar auf 50 Prozent erhöhen wollen. Als weiterer Schritt in dieser Richtung fand am 3. Mai der symbolische erste Spatenstich zur Errichtung des Solarthermieparks "Au" statt, der im Herbst 2025 in Betrieb gehen soll. Mit einer Wärmeleistung von bis zu 7 Megawatt soll er jährlich rund 6.000 Megawattstunden Wärme ins Netz einspeisen. Der Solarthermiepark hat eine Grundfläche von 23.200 Quadratmeter. Die Vakuum-Röhrenkollektoren umfassen eine Fläche von 12.000 Quadratmeter. Ein Wärmespeicher mit einem Fassungsvermögen von 1.250 Kubikmeter ergänzt die Anlage.

Bis 2022 betrieben die Stadtwerke Luwigsburg die größte solarthermische Fernwärme-Anlage....


Die Solarthermie-Anlage der Stadtwerke Ludwigsburg war die größte in Deutschland, bis sie 2022 von einer noch größeren in Greifswald abgelöst wurde.
Foto: SWLB

Das Tübinger Projekt ist damit nicht viel kleiner als die seinerzeit größte Solarthermie-Anlage Deutschlands, die 2020 im Rahmen eines vom Bund geförderten Klima-Modellprojekts von den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) in Betrieb genommen wurde (siehe Foto): Hier fangen über 1.000 Kollektoren mit 14.800 Quadratmeter Kollektorfläche die Sonne ein, die das durch die Röhren zirkulierende Wasser-Glykol-Gemisch bis auf 90 Grad erhitzt. Die so gewonnene Energie wird über einen Wärmetauscher in das Fernwärmenetz eingespeist. Das warme Wasser wird dann entweder in einem 20 Meter hohen Wärmespeicher mit fast zwei Millionen Liter Wasser Fassungsvermögen gespeichert oder direkt in die Haushalte geliefert. Tagsüber kann mit der eingefangenen Sonnenenergie nahezu der komplette Wärmebedarf im SWLB-Verbundnetz gedeckt werden. Der Wärmegewinn hängt naturgemäß von der Sonneneinstrahlung ab. So erzielte die Anlage 2022 rund 6,7 Millionen Kilowattstunden und übertraf damit das Ergebnis des ersten Betriebsjahrs um 700.000 kWh. Sonnenstärkster Monat war dabei der Juli mit über 1,2 Mio. kWh.

...wurden dann aber von Greifswald übertroffen

Seit September 2022 befindet sich die größte Solarthermie-Anlage Deutschlands in Mecklenburg-Vorpommern. Dort haben die Stadtwerke Greifswald eine Fläche von vier Hektar mit Vakuumröhren-Kollektoren bestückt, die mit einer Kollektorfläche von 18.700 Quadratmeter jährlich rund acht Gigawattstunden erzeugen. Die Anlage ergänzt einen Energiepark mit Heizkraftwerk, Blockheizkraftwerken, Großwärmepumpe, Elektrokessel und Wärmespeicher. An Sommertagen erreicht ihre thermische Leistung rund 11 Megawatt und kann rund ein Fünftel des Bedarfs decken. Allerdings ist der Ertrag der Kollektoren gerade in der kalten Jahreszeit am geringsten, wenn er von etwa 70 Prozent der Greifswalder Wohnungen benötigt wird. Im Jahresdurchschnitt werden deshalb nur etwa 3 Prozent des Wärmebedarfs solarthermisch gedeckt.

Auch in Potsdam und Mühlhausen entstanden öffentlich geförderte Fernwärme-Solarparks

Die Firma Ritter Energie- und Umwelttechnik Gmbh & Co. KG aus Baden-Württemberg, die das Projekt in Greifswald ausführte, erstellte zuvor schon zwei Großanlagen für andere kommunale Fernwärmebetreiber: In Potsdam waren es 1.044 Vakuumröhrenkollektoren mit einer Kollektorfläche von 5.157 Quadratmeter, die mit einer Leistung von bis zu 3 Megawatt jährlich ca. 2,3 Gigawattstunden erzeugen. Die Anlage wurde im Dezember 2019 von den Stadtwerken Potsdam in Betrieb genommen. Im September 2021 folgte eine weitere Anlage Im thüringischen Mühlhausen, die mit 1.152 Kollektoren auf einer Fläche von 19.000 Quadratmetern zumindest beanspruchen konnte, der "aktuell größte Solarpark Thüringens" zu sein, wie es die Stadtwerke formulierten. Beide Anlagen wurden aus Mitteln der EU und der jeweiligen Landesregierung gefördert. Bei dem Projekt in Mühlhausen haben die Zuschüsse in Höhe von 2,3 Millionen Euro die Investitionskosten von rund 3 Milionen Euro sogar größtenteils gedeckt.


Mit 65.000 Quadratmeter Kollektorfläche wird die neue Solarthermie-Großanlage in Leipzig jährlich rund 26 Gigawattstunden Wärme liefern
Foto-Montage: Ritter Energie

Ab 2026 wird die größte Solarthermie-Anlage Deutschlands von den Stadtwerken Leipzig betrieben

Seit Ende März errichtet das Unternehmen Ritter Energie, das in diesem Solar-Segment unter der Marke "Ritter XL Solar" der Marktführer ist, eine weitere Solarthermie-Anlage, die von den Stadtwerken Leipzig in Auftrag gegeben wurde und ab 2026 ins Fernwärmenetz einspeisen soll. Im Sommer kann sie täglich bis zu rund 20 Prozent des Leipziger Wärmebedarfs decken, im Jahresdurchschnitt rund 2 Prozent. Die Baukosten sind mit rund 40 Millionen Euro veranschlagt, wovon rund 16 Millionen Euro bezuschusst werden. Im Leipziger Stadtteil Lausen-Grünau soll die Großanlage mit 65.000 Quadratmeter Kollektorfläche jährlich rund 26 Gigawattstunen Wärme liefern. "Das hier ist eine neue Dimension.", meinte dazu der Ritter-Energie-Geschäftsführer Matthias Johler,. "Es wird für Jahre die größte Solarthermie-Anlage Deutschlands sein.“

 

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