Juni 2024

240612

ENERGIE-CHRONIK


Söder will von Uniper die Wasserkraftwerke haben

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat am 13. Juni in einer Regierungserklärung vor dem Landtag zu seinem "Modernisierungs- und Beschleunigungsprogramm Bayern 2030" auch zu einem energiepolitischen Rundschlag ausgeholt. Dabei teilte er mit, dass er dem Bund ein Übernahmeangebot für die bayerischen Uniper-Wasserkraftwerke gemacht habe. Bislang habe der neue Eigentümer von Uniper (221211) darauf jedoch nicht reagiert. Deshalb werde die Landesregierung ab 2030 "unsere Heimfallrechte ziehen". Diese gelte für über 85 Wasserkraftanlagen - vor allem an Lech, Isar und Main - , die etwa vierzig Prozent der installierten Wasserkraft in Bayern ausmachen. Mit den bombastischen Worten "Wir folgen dem Grundsatz: Heimatenergie in Heimathand" beschloß er seine Ankündigung.

Uniper verfügt allein an Lech, Donau, Isar und Main über 99 Laufwasserkraftwerke

Es sieht demnach so aus, als ob Söder es auf eine juristische Auseinandersetzung ankommen lassen will und bereits die Möglichkeiten zum Entzug der Wasserrechte bei den Uniper gehörenden Kraftwerken geprüft hat. Die einstige E.ON-Ausgründung hatte nach ihrer Entstehung Anfang 2016 (160111) vom Mutterkonzern, der seine neue Tochter bald darauf an die finnische Fortum verkaufte (170901), mitsamt dem konventionellen Kraftwerksgeschäft auch die E.ON-Wasserkraftwerke übertragen bekommen. Und diese liegen größtenteils in Bayern, wo sie früher in der Regel dem E.ON-Vorläufer Bayernwerk gehörten. Allein an den vier Flüssen Lech, Donau, Isar und Main betreibt Uniper deshalb 99 Laufwasserkraftwerke mit einer installierten Gesamtleistung von knapp 2000 Megawatt. Hinzu kommen Anlagen an kleineren Flüssen sowie jeweils fünf Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke.

Auf welche Wasserkraftwerke es Söder konkret abgesehen hat und ab wann er die "Heimfallrechte" im Einzelfall geltend machen könnte, ist vorerst unklar. In vielen Fällen ist Uniper auch nicht der alleinige Eigentümer, sondern besitzt die Anlagen zusammen mit weiteren Gesellschaftern oder Aktionären – oft über vorgeschaltete Beteiligungsgesellschaften wie die Rhein-Main-Donau AG.

Söder ist weiterhin gegen den Atomausstieg, will aber nicht als Blockierer der Energiewende gesehen werden

In seinen sonstigen energiepolitischen Ausführungen schimpfte Söder über den "unseriösen Atomausstieg" und "das einzige Industrieland der Welt, das gleichzeitig aus den zwei wichtigsten grundlastfähigen Energien aussteigt". Das sei "industriepolitischer Selbstmord". Das klang fast ein bißchen wie AfD. Im Unterschied zu dieser Konkurrenzpartei wollte er aber zugleich "keine Mißverständnisse aufkommen lassen", dass die Erneuerbaren Energien "die Zukunft" seien und man sie "massiv voranbringen" müsse. Damit wollte er offenbar sein bundesweites Image korrigieren, der wichtigste Blockierer der Energiewende zu sein. Bei der Windkraft liege Bayern "zwar nicht ganz vorne, aber besser, als immer wieder behauptet wird". Und rechne man zu den reichlich vorhandenen Solarstromkapazitäten noch Wasserkraft, Biomasse, Geothermie und Windkraft hinzu, verfüge man sogar über die größte installierte Leistung in Deutschland. Das habe sogar das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt.

Dann folgte die Überleitung zur Wasserkraft, mit der die Bayern ebenfalls "unseren eigenen Weg" gehen und in diesem Bereich "schon jetzt rund 60 Prozent der deutschen Stromerzeugung" bereitstellen würden. Als "grundlastfähige Form der erneuerbaren Energien" sei sie für das Land ganz besonders wichtig. Ihr weiterer Ausbau dürfe nicht behindert werden. Deshalb müsse "die ständige Ideologisierung und Bekämpfung der Wasserkraft endlich aufhören". Paddler und andere Naturfreunde dürften das so verstehen, dass Söder nach einem neuen Wasserkraftwerk an der Salzach ein weiteres am 75 Kilometer langen Donau-Abschnitt zwischen Straubing und Vilshofen errichten lassen will, mit dem die seit den neunziger Jahren geplante Verbauung der letzten größeren Donau-Fließstrecke in Deutschland endlich zustande käme (080820). Man müsse sich aber nicht nur neue, sondern auch bisherige Wasserkraftwerke sichern, ging es dann weiter. Womit er bei Uniper war.

Uniper befürchtet "Flickenteppich an Zuständigkeiten"

Bei Uniper hielt man auf Nachfrage der FAZ (14.6.) nichts von Söders Übernahme-Plänen. Schließlich hätten die Uniper und deren Vorgänger "in vielen Jahrzehnten bewiesen, dass sie die Anlagen sicher, effizient und umweltschonend sowie in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Freistaat Bayern, den zuständigen Behörden, den Anrainern und vielen weiteren Interessengruppen betreiben können". Zudem bestünde die Gefahr, "dass in Bayern ein Flickenteppich an Zuständigkeiten entsteht, der für ein wirkungsvolles zentrales Hochwasser-Management nicht sinnvoll wäre".

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