Juli 1991

910715

ENERGIE-CHRONIK


EG-Parlamentarier unterstützen Steuer auf Energie

Das Europäische Parlament unterstützt die Bemühungen des EG-Umweltkommissars Carlo Ripa di Meana um die Einführung einer Umweltsteuer auf fossile Energieträger und Kernenergie. Es forderte jetzt die Brüsseler Kommission zur Vorlage entsprechender Vorschläge auf. Die Steuer auf fossile Energieträger soll sich am Kohlenstoff- und Schwefelgehalt orientieren und sukzessive angehoben werden. Die EG-Parlamentarier plädieren für die "Harmonisierung der Energiebesteuerungsinstrumente auf dem höchsten in der Gemeinschaft bestehenden Niveau" (SZ, 5.7.; Westf. Rundschau, 30.7.).

Weitere Unterstützung erhielt der EG-Umweltkommissar durch die Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament, die am 1. Juli detaillierte Vorschläge unterbreitete: Danach soll die Umweltsteuer aus zwei Komponenten bestehen, nämlich einer allgemeinen Energiesteuer von 150 DM je Tonne Rohöläquivalent und einem Zuschlag von 100 DM je Tonne Kohlenstoffgehalt. Dadurch würde Kohle am stärksten und Kernenergie am geringsten verteuert. Ergänzend fordern die Grünen jedoch, daß die Nuklearwirtschaft künftig ihre "echten Kosten" der Entsorgung radioaktiven Materials und der Haftung für alle eventuellen Schäden selbst zu tragen habe. Hauptziel sei es, mit dem Energieverbrauch die Kohlendioxid-Emissionen zu senken, die zur Aufheizung der Erdatmosphäre führen (FR, 2.7.).

Die Vereinigung Industrielle Kraftwirtschaft (VIK), in der die industriellen Verbraucher und Eigenerzeuger von Energie zusammengeschlossen sind, wies die Forderung nach Einführung einer Kohlendioxid-Abgabe "mit allem Nachdruck" zurück. Eine weitere Kostenerhöhung werde der deutschen Volkswirtschaft vor dem Hintergrund einer drohenden weltweiten Rezession schweren Schaden zufügen und die Investitionen in den neuen Bundesländern beeinträchtigen. Da der Strom in der Bundesrepublik im Vergleich etwa zu Frankreich schon jetzt um ca. sechs Pfennig teurer sei, würden dadurch energieintensive Grundstoffproduktionen immer mehr aus Deutschland vertrieben. Nach Ansicht der "European Petroleum Industrial Association" (Europia) , die 34 der größten europäischen Öl- und Energiegesellschaften vertritt, könnten diese Vorschläge die Wettbewerbsfähigkeit der EG-Industrie sogar insgesamt gefährden. Die Bemühungen um eine Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen müßten weltweit erfolgen, um voll wirksam zu sein (VWD, 22.7. u. 24.7.).

Das Medien-Echo auf die geplante "Öko-Steuer" ist grundsätzlich positiv. Nach Ansicht der Zeit (4.7.) haben die Vorschläge der Europa-Grünen "die Brüsseler Zentrale unter einen heilsamen Druck gesetzt". Der EG-Umweltkommissar brauche solchen Druck, "um wenigstens seine eigenen, moderaten Pläne durchzusetzen". Für die Westfälische Rundschau (30.7.) sind "die Vorschläge der EG-Parlamentarier grundsäzlich vertretbar und nachvollziehbar", auch wenn nicht erstaunen dürfe, "wenn die europäischen Öko-Steuerpläne nicht auf ungeteilte Begeisterung stoßen".