September 1991 |
910913 |
ENERGIE-CHRONIK |
In der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) gelten 37 unbestrahlte Uran-Brenn-stäbe mit 51,4 kg Natururan als vermißt. Nach Vermutung der WAK wurden sie Anfang der achtziger Jahre versehentlich für nuklearen Schrott gehalten und entsorgt. An ihrer Stelle seien jahrelang mit Blei gefüllte Attrappen für die Original-Brennstäbe gehalten worden. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) sieht in dieser Affäre ein "einmaliges Versagen aller bundesdeutschen und internationalen Kontrollorgane". Das baden-württembergische Umweltministerium forderte die IAEO auf, ihr Kontrollverfahren "kritisch unter die Lupe zunehmen" (Spiegel, 9.9.; dpa, 25.9.).
"Zwar ist das fehlende Material nicht direkt waffentauglich, und die Menge reicht nicht aus, um Atombomben zu bauen", meinte DIE ZEIT am 6.9. (als zunächst nur drei Brennstäbe vermißt wurden). "Gleichwohl ist der mysteriöse Verlust nicht nur blamabel, Die Atomgemeinde ruiniert selbst ihren Ruf. Und die Stuttgarter Zeitung (4.9.) meinte: "Ob es nun Schlamperei oder Diebstahl war, beides ist gleichermaßen unverzeihlich, ... Das deutsche Sicherheitsnetz hat Lücken, und eine davon befindet sich in Karlsruhe."
Zum vorläufig letzten Stand der Dinge hieß es in der Stuttgarter Zeitung (24.9.): "Da fragt sich der besorgte Bürger zu Recht, unter welchen Bedingungen in der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe eigentlich gearbeitet wird. Schließlich geht man dort täglich mit hochbrisantem Material um. Gibt es Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen eigentlich nur auf dem Papier?"