Oktober 1991 |
911002 |
ENERGIE-CHRONIK |
Bundeswirtschaftsminister Möllemann nutzte am 22.10. die Präsentation von Grundzügen seines Energiekonzepts vor Bonner Journalisten dazu, um deutliche Kritik an den Entwürfen von Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) für ein Abfallabgabengesetz, eine Elektronikschrott-Verordnung und eine Kohlendioxid-Abgabe zu üben. Nach Möllemanns Ansicht läßt sich eine Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen nicht national verwirklichen, sondern muß zumindest im EG-weiten Rahmen erfolgen. In einem am 24.10. verbreiteten Thesenpapier wollte Möllemann die Einführung einer nationalen Energie- und Kohlendioxidsteuer allerdings für den Fall akzeptieren, daß sie als "Vorgriff" auf eine EG-weite Regelung anzusehen sei (SZ, 23.10.; dpa, 25.10.).
"Das sind neue Töne, auch wenn Möllemann seinen Meinungsumschwung geschickt zu verschleiern sucht", meinte dazu die Frankfurter Rundschau (25.10.). "Bisher hat Möllemann darauf beharrt, eine EG-Klimasteuer abzuwarten. Das aber kann sich die Bundesregierung nicht leisten, wenn sie den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2005 um 25 bis 30 Prozent senken will. Außerdem ist die CO2-Abgabe in der Koalitionsvereinbarung enthalten, die die FDP unterschrieben hat."
Der Spiegel (28.11.) widmete der Diskussion um den Einsatz von Kernenergie zur Abwendung der drohenden Klimakatastrophe eine Titelgeschichte mit der Schlagzeile "Die Kernkraft-Lüge", in der es u.a. heißt: "Die Atomlobby setzt auf Vergeßlichkeit und auf die Neigung, Gefahren aus dem Bewußtsein zu verdrängen. Fünf Jahre nach Tschernobyl hält sie die Zeit für reif, der Öffentlichkeit vorzugaukeln, 'daß die Sicherheitssysteme der deutschen Reaktoren auf alle erdenklichen Störfälle eingerichtet sind', so der jüngste Anzeigentext, unterzeichnet 'Ihre Stromversorger'. ...Die Furcht vor einem tiefgreifenden Klimawandel dient nun als Hauptargument für die Atom-energie: Atommeiler liefern Strom, ohne daß Kohlendioxid erzeugt wird."