Juli 1992 |
920701 |
ENERGIE-CHRONIK |
Aufgrund des Anteils der Kernenergie in den osteuropäischen Ländern von durchschnittlich 12 bis 13 Prozent, in einigen Regionen aber bis zu 60 Prozent, ist ein kurzfristiges Abschalten, darüber herrscht unter den Experten und Regierungen der westlichen Industrienationen weitgehend Einigkeit, nicht möglich.
"Um die Kernkraftwerke in Mittel- und Osteuropa sowie in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion sicherer zu machen, soll ein gemeinsamer Fond eingerichtet werden", berichtet die Frankfurter Allgemeine (8.7.). Darauf haben sich die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industrienationen während des Weltwirtschaftsgipfels anfang des Monats in München verständigt. Dieser Fond soll gemeinsam finanziert werden und bereits beschlossene bilaterale Programme ergänzen (FAZ, 8.7.; Welt, 8.7.; Handelsblatt 8.7.; SZ, 8.7.)
Zwar haben 24 führende Industrienationen dem auf dem Münchner Gipfel beschlossenen Soforthilfeprogramm für Ostreaktoren inzwischen zugestimmt, unklar ist jedoch weiterhin die Finanzierung, bzw. der finanzielle Beitrag einzelner Staaten. Dabei geht es zunächst um 700 Mio. Dollar, die nach Ansicht von Experten "für kurzfristig notwendige Sicherungsmaßnahmen" notwendig sind. Insgesamt sind nach Auffassung des Bundesforschungsministeriums für die Nachrüstung der Kernreaktoren sowjetischer Bauart rd. 15 Mrd. DM notwendig, wobei von den derzeit 58 Reaktoren, so dpa (16.7.), 32 nachgerüstet und weiterbetrieben werden können. 26 Reaktoren, 16 Reaktoren vom Typ "Tschernobyl" und 10 Druckwasserreaktoren der ersten Generation, müßten aus Sicherheitsgründen stillgelegt werden (dpa, 16.7.; Handelsblatt 27.7.; SZ, 27.7.; FAZ, 25.7.).
Von Seiten der Grünen und verschiedener Umweltgruppen wurde grundsätzliche Kritik am Hilfsprogramm für Ostreaktoren geäußert. Sie forderten die Industrienationen teilweise bereits vor dem Weltwirtschaftsgipfel auf, für die sofortige bzw. schnellstmögliche Stillegung der Reaktoren einzutreten und Geld für den Ausstieg und den Aufbau einer ökologischen Energiewirtschaft zur Verfügung zu stellen (dpa, 30.6.; FR, 4.7. und 7.7.; SZ, 7.7.).
Die deutschen Kraftwerksbetreiber, die
im VDEW-Fachausschuß Kernenergie zusammengeschlossen sind,
haben die Übernahme von Partnerschaften für Ost-Kernkraftwerke
beschlossen. Jeder deutsche KKW-Betreiber soll demnach bis Ende
dieses Jahres eine Partnerschaft mit dem Betreiber eines osteuropäischen
Kernkraftwerks eingehen. "Ziel sei es", meldet VWD (28.7.)
"daß mindestens ein Drittel der 58 KKW-Blöcke
in Osteuropa von deutschen KKW-Betreibern betreut werden sollen."
Dadurch soll ein wesentlicher Beitrag zur Sicherheit der Anlagen
sowjetischer Bauart geleistet werden (VWD, 28.7.; FAZ, 29.7.;
Handelsblatt, 29.7.; SZ, 29.7.).