Januar 1993

930109

ENERGIE-CHRONIK


Große Teile der ehemaligen Sowjetunion sollen radioaktiv verseucht worden sein

Die ehemalige Sowjetunion hat im Zuge ihrer nuklearen Rüstungsanstrengungen vier Millionen Quadratkilometer - ein Fünftel ihrer Gesamtfläche - radioaktiv verseucht und unbewohnbar gemacht. Dies erklärte der Chef der russischen Auslandaufklärung, Primakow, am 28.1. in Moskau. Im Ural seien seit 1949 mehr als 400000 Menschen durch Unfälle und technische Mängel von Nuklearanlagen radioaktiver Strahlung ausgesetzt gewesen. Die russische Regierung hat am 27.1. ein Programm zur Sanierung der radioaktiv verseuchten Gebiete des Urals sowie zur medizinischen Nachbehandlung der Bevölkerung beschlossen (FAZ, 29.1.).

Die Frankfurter Allgemeine (29.1.) kommentiert: "Dies geht über die Vorstellungskraft nicht nur des Laien: Ein Gebiet elfmal so groß wie Deutschland soll in der einstigen Sowjetunion wegen radioaktiver Verseuchung unbewohnbar geworden sein. ... Hört man ferner, daß allein im Ural zum Schaden von nahezu einer halben Million Menschen aus Plutoniumanlagen das Zwanzigfache dessen an Radioaktivität entwichen sein soll, was 1986 von Tschernobyl aus die Umwelt erschreckte, bleibt nur noch zu fragen, ob das Festhalten an Kernkraftgewinnung nach sozialistischen Normen nicht viel gefährlicher ist als etwa der Atomwaffenstreit zwischen Moskau und Kiew."

"Eine Landkarte des strahlenden Grauens", die auch Mitteleuropa bedrohe, sieht Forbes (1/93) in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion: "Traurig, aber wahr: In Sachen Atomkatastrophen ist die GUS das Land der unbegrenzten Möglichkeiten."