April 1993 |
930407 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Land Hessen ist gegenüber Siemens grundsätzlich zum Schadenersatz dafür verpflichtet, daß es die Wiederinbetriebnahme der seit Juni 1991 stillgelegten Plutoniumverarbeitung im Siemens-Brennelementewerk Hanau nicht zugelassen hat. Dies ergibt sich aus einem Urteil, das am 6.4. vom Landgericht Wiesbaden verkündet wurde. Nach Auffassung des Gerichts hat Siemens einen Schaden in Höhe des entgangenen Gewinns erlitten. Dessen genaue Höhe soll erst festgesetzt werden, wenn das Urteil rechtskräftig wird. Siemens hatte auf Schadenersatz in Höhe von rund 30 Millionen Mark geklagt. Der hessische Umweltminister Joschka Fischer (Grüne) hat Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt angekündigt.
Nach Ansicht des Gerichts hätte die Landesregierung die nach einer Störfall-Serie 1991 angeordneten Untersuchungen im Siemens-Brennelementewerk bis zum Mai 1992 beenden müssen. Die Argumente, mit denen die weitere Untersagung der Inbetriebnahme verweigert wurde, seien nicht stichhaltig gewesen (SZ, 10.4.; FAZ, 10.4.; Die Zeit, 15.4.; siehe auch 920805).
In der Verhandlung vor dem Landgericht
Wiesbaden hatte der Prozeßbevollmächtigte des Landes
geltend gemacht, die Firma Siemens sei für den Stillstand
der Hanauer Anlage bereits von den EVU entschädigt worden,
die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen trotz der ausbleibenden
Lieferungen 90 Millionen DM an das Siemens-Brennelementewerk gezahlt
hätten. Er warf Siemens vor, eine Doppelzahlung erreichen
zu wollen und sprach von "Prozeßbetrug". Siemens
bezeichnete den Vorwurf als haltlos: Die EVU seien nicht bereit,
bei einer endgültigen Abrechnung solche Kosten anzuerkennen,
für die das Land schadenersatzpflichtig sei (Welt, 19.3.;
DPA, 23.3.).