Januar 1994 |
940101 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Entwurf der Bundesregierung für ein Artikelgesetz, das die künftige Finanzierung der Steinkohle mit der Novellierung des Atomgesetzes verbindet, ist am 20.1. im Wirtschaftsausschuß des Bundesrats mit Zwei-Drittel-Mehrheit abgelehnt worden. Der zweite und entscheidende Durchgang im Plenum der Länderkammer wird voraussichtlich am 25. Februar stattfinden. Sollte sich dabei ebenfalls eine Zwei-Drittel-Ablehnung ergeben, könnte der Einspruch des Bundesrats nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Bundestags zurückgewiesen werden. Dies würde aller Voraussicht nach das Scheitern des Gesetzentwurfs bedeuten, da die Regierungskoalition nur über die einfache Mehrheit im Bundestag verfügt.
Der saarländische Wirtschaftsminister Reinhold Kopp (SPD) begrüßte die Ablehnung des Artikelgesetzes im Wirtschaftsausschuß des Bunderats als "Etappensieg". Die SPD-regierten Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Saarland hatten im Bundesrat einen Gegenentwurf zum Artikelgesetz vorgelegt, der die Finanzierung der Steinkohleverstromung über eine allgemeine Energiesteuer ab 1996 vorsieht. Auf Beschluß des Wirtschaftsausschusses wird dieser Alternativentwurf der beiden Kohleländer in einem Unterausschuß weiterbehandelt (Handelsblatt, 5. u. 21.1.; Welt, 22.1.; siehe auch 931202).
Auch der Finanzausschuß des Bundesrats empfahl die Ablehnung des Gesetzentwurfs: Er enthalte keine hinreichende Regelung für die Verstromung deutscher Steinkohle von 1997 bis 2000 und verknüpfe in nicht sachgerechter Weise die Kohleverstromung mit der weiteren Nutzung der Kernenergie (VWD, 26.1.).
Nach Meinung des Handelsblatts (5.1.) werden die Koalitionsparteien mit dem geplanten Artikelgesetz "keinen stabilen Energiekompromiß erreichen", zumal schon Ende 1994 völlig neue Mehrheitskonstellationen vorliegen könnten: "In den betroffenen Energiebranchen wird diese politische Wende schon antizipiert. Es wird befürchtet, zu früh einseitige Vorleistungen zu erbringen. Spitzenmanager der Energiewirtschaft haben daher bereits davor gewarnt, atomrechtliche Novellierungsinitiativen in dieser Legislaturperiode noch anzugehen."
Als "eine Frühwarnung, die bei
den Betroffenen Alarm auslösen dürfte", wertete
Die Welt (22.1.) die Ablehnung des Gesetzentwurfs im Wirtschaftsausschuß
des Bundesrats. "Die revierfernen Ländern (die östlichen
Braunkohleländer warten noch ab) machen in Zeiten tiefer
Rezession den Unsinn der Steinkohleförderung nicht mehr mit,
den der Wissenschaftliche Beirat beim Finanzministerium jetzt
erneut durchleuchtet hat."