Mai 1994 |
940507 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Vorstandsvorsitzende der Hamburgischen Electricitäts-Werke AG (HEW), Roland Farnung (53), hat das Unternehmen, das zu 71,4 Prozent der Stadt Hamburg gehört, nach neun Jahren überraschend verlassen. In einer offiziellen Mitteilung heißt es dazu: "HEW und ihr Vorstandsvorsitzender mußten feststellen, daß beiderseits die Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr gegeben sind, ohne daß sie sich deshalb wechselseitig Vorwürfe machen." Der Restvorstand wird die Geschäfte zunächst gemeinsam leiten (SZ, 10.5.; Handelsblatt, 10.5.; Hamburger Abendblatt, 10.5.; siehe auch 940105).
Laut Frankfurter Allgemeine (10.5.) gehen Beobachter in der Hansestadt davon aus, "daß das Vertrauensverhältnis wohl durch die energiepolitischen Vorgaben gestört worden ist, mit denen die politische Spitze der Stadt immer wieder in die Arbeit des Energieversorgers eingegriffen hat". Im Vordergrund stehe dabei der Konflikt um die Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel, die seit August 1992 bzw. Sommer 1993 abgeschaltet sind und deren erzwungene Stillegung den HEW hohe Kosten verursacht. In jüngster Zeit sei aus dem Unternehmen immer deutlicher Unmut über die mangelnde Unterstützung des Hamburger Senats in der Auseinandersetzung mit der schleswig-holsteinischen Landesregierung zu hören gewesen. Zu Dissonanzen mit dem Senat sei es auch wegen des gescheiterten Stromlieferungsvertrags mit Norwegen gekommen.
Das Handelsblatt (10.5.) verweist ergänzend
auf hohe betriebswirtschaftliche Risiken, die ein neuer Stromliefervertrag
mit den Hamburger Aluminiumwerken enthalte, die rund zehn Prozent
des Hamburger Stroms verbrauchen. "Die HEW müßten
längst die Hamburger Stromverbraucher zur Kasse bitten. Doch
das SPD-regierte Hamburg stemmt sich gegen eine Erhöhung
der Strompreise."