September 1994 |
940917 |
ENERGIE-CHRONIK |
Eine vom Bundestag beschlossene Baurechtsänderung zur Privilegierung von Windkraftanlagen ist am Widerstand der Ländervertretung gescheitert. Nachdem der Bundesrat die Gesetzesänderung schon im Juli abgelehnt hatte, einigte sich am 31.8. auch der Vermittlungsausschuß in Bonn darauf, es beim bisherigen Baurecht zu belassen. Danach ist der Bau von Windkraftanlagen außerhalb von ausgewiesenen Baugebieten grundsätzlich unzulässig. Aufgrund der Änderung, die der schleswig-holsteinische Abgeordnete Dietrich Austermann (CDU) angeregt hatte, wäre hingegen die Errichtung von Windkraftanlagen im Außenbereich von Gemeinden bevorzugt genehmigt worden. Die Gesetzesänderung hatte besonders in Schleswig-Holstein einen Proteststurm entfacht. Die Landräte der windreichen Küstenkreise sahen ihre Pläne durchkreuzt, durch gezielte Ausweisung von Flächen für Windparks den Wildwuchs von Einzelanlagen zu stoppen (taz, 29.8. u. 1.9.; ddp/ADN, 8.7.; siehe auch 921209 u. 920220 ).
In der Presse und anderen Medien mischen
sich in die die euphorische Berichterstattung über neue Windkraftanlagen
immer mehr kritische Töne. Sie reflektieren den Widerstand,
der sich an den Standorten solcher Anlagen unter der betroffenen
Bevölkerung regt. In einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen
(7.9.) heißt es dazu: "Der Zwist um die Windenergie
hat ganze Dorfgemeinschaften gespalten. In manchen Orten haben
sich Windenergiemuffel in Bürger- und Wählerinitiativen
zusammengeschlossen und sich in die Ortsparlamente wählen
lassen. Die Demonstrationen und Straßenblockaden erinnerten
an die Auseinandersetzung um die Atomenergie. Manch einer spricht
gar vom ëKrieg um die Windenergieí. Die Anwohner fühlen
sich durch den Lärm der Rotorengeräusche und den Anblick
der weißen Spargeltürme gestört. Naturschützer
beklagen die Verschandelung der flachen Kulturlandschaft, wo die
bis zu 90 Meter hohen Windrotoren kilometerweit zu sehen sind.
Außerdem würden die Windmühlen wichtige Rastplätze
für Zehntausende von Zugvögeln zerstören, wie etwa
auf der Insel Pellworm. Der Fremdenverkehr befürchtet, daß
Gäste wegbleiben könnten. ... Die Energieunternehmen
schließlich stören sich an den Kosten, die durch die
hohen Abnahmepreise für die Windenergie entstehen."