März 1996 |
960301 |
ENERGIE-CHRONIK |
Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) will im April dem Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Liberalisierung der Energiewirtschaft vorlegen. Er reagiert damit auf die Weigerung Frankreichs, im Rahmen der EU einer gleichgewichtigen Öffnung der Energiemärkte für Strom und Gas zuzustimmen. Eine Schutzklausel soll die liberalisierte deutsche Energiewirtschaft vor der Konkurrenz aus solchen Ländern schützen, die ihre Märkte weiterhin gegen internationalen Wettbewerb abschirmen. Rexrodt will die Reform des Energiesektors bereits bis Ende dieses Jahres "unter Dach und Fach" haben, wie er gegenüber der Süddeutschen Zeitung (25.3.) erklärte.
Rexrodt will mit der nationalen Energierechtsreform vor allem die Freistellung der Demarkationsverträge vom Kartellverbot und die exklusive Vergabe kommunaler Wegerechte beseitigen. Ferner soll die Investitionskontrolle entfallen und die Genehmigungspflicht für die Aufnahme der Versorgung eingeschränkt werden. Der Minister glaubt, auf eine spezielle Regelung für die Durchleitung von Strom oder Gas verzichten zu können. Er sieht einen hinreichenden Druck auf die Betreiber der vorhandenen Leitungen zur Durchleitung gegeben, da der Wegfall der Gebietsmonopole den Bau neuer Leitungen ermögliche. Den geschützten Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung sieht er auch nicht gefährdet, da es den Gemeinden weiterhin unbenommen bleibe, Konzessionsabgaben zu erheben. Es werde ihnen lediglich verwehrt, die Rechte zur Leitungsverlegung weiterhin exklusiv zu vergeben.
Der Verband Industrielle Kraftwirtschaft (VIK) begrüßte die Pläne Rexrodts im Grundsatz. Eine spezielle Durchleitungsregelung sei jedoch unerläßlich. Die allgemeinen Vorschriften des Wettbewerbsrechts reichten dafür nicht aus, wie zum Beispiel die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Fall der Papierfabrik Weißenborn gezeigt habe (Energie-Brief, 15.3.; siehe auch 941102).