Juli 1996

960711

ENERGIE-CHRONIK


Verbundsystem im Westen der USA nach Blitzschlag zusammengebrochen

Am 2.7. hat ein Stromausfall in 14 Bundesstaaten der USA sowie Teilen Kanadas und Mexikos zu erheblichen Problemen geführt. Betroffen waren rund zwei Millionen Kunden innerhalb des Verbundsystems des Western System Coordinating Council (WSCC). Die meisten konnten nach 30 Minuten wieder versorgt werden. Der Rest mußte sich bis zu sieben Stunden gedulden, ehe der Strom wieder zur Verfügung stand. Ursache war eine 345 kV-Leitung des 2000 MW-Kraftwerks "Jim Bridger" in Wyoming, die nach einem Blitzeinschlag abschaltete, weil ein Baum zu nahe an die Leitung herangewachsen war. Fast gleichzeitig schaltete sich wegen eines fehlerhaften Abschaltschutzes eine zweite 345 kV-Leitung ab, worauf Schutzprogramme automatisch zwei Blöcke in "Jim Bridger" vom Netz nahmen. Der starke Spannungsabfall im Versorgungsgebiet des Kraftwerks, der dadurch entstand, löste in einem Dominoeffekt weitere Abschaltungen aus und ließ das Verbundsystem zusammenbrechen: Es bildeten sich fünf Inseln innerhalb des Verbundsystems, deren Kraftwerke sich nicht mehr gegenseitig aushelfen konnten und in deren Bereich es deshalb zu starken Frequenzeinbrüchen mit Lastabschaltungen kam. So sank im Bereich der größten Strominsel, die Kalifornien, Arizona und New Mexico umfaßte, die Frequenz von den üblichen 60 Hertz auf 59,1 Hertz. US-Präsident Bill Clinton hat eine genaue Untersuchung veranlaßt. Endgültige Ergebnisse werden voraussichtlich im September vorliegen.

Der WSCC ist eines von neun Verbundsystemen der USA, die innerhalb des North American Electric Reliability Council (NERC) zusammenarbeiten. Seine Gesamthöchstlast liegt bei etwa 110 000 MW, die jährliche Erzeugung bei 700 Mrd kWh (zum Vergleich: UCPTE ca. 1 700 Mrd. kWh, Deutschland etwa 500 Mrd. kWh). Sein Frequenzgebiet ist mit dem Rest des Kontinents nur über Gleichstrombrücken verbunden, so daß die Netzstörung dort keine Auswirkungen hatte (Stromthemen 8/96; FAZ, 4.7.).