November 1996

961115

ENERGIE-CHRONIK


Schleswig-Holstein und Niedersachsen geben weitere Leukämie-Studie in Auftrag

Die Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben am 19.11. eine weitere Studie in Auftrag gegeben, um die Ursache der Leukämie-Häufung in der Elbmarsch in der Nähe des Kernkraftwerks Krümmel zu ergründen. Die Kosten der mehrjährigen Untersuchung werden mit knapp sechs Millionen Mark beziffert. Davon tragen Schleswig-Holstein 3,86 Millionen Mark und Niedersachsen 1,93 Millionen Mark. Erkenntnisse werden nicht vor dem Jahr 2000 erwartet. Auftragnehmer ist das Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS) unter Leitung von Prof. Eberhard Greiser (Welt, 14.11.; Handelsblatt, 20.11.).

Die neue Studie ist als "Fall-Kontroll-Studie" angelegt: Sie soll durch eine intensive vergleichende Untersuchung von Einzelfällen genauere Erkenntnisse zu den möglichen Ursachen der Leukämie- und Lymphonentstehung bei Erwachsenen erbringen als dies bei einer umstrittenenen epidemiologischen Studie der Fall war, die Prof. Greiser bereits 1994 im Auftrag der Kieler Landesregierung erstellt hat (siehe 940916 und 950415). Insgesamt sollen 21 Risikofaktoren untersucht werden. Geographisch erstreckt sie sich auf die Landkreise Herzogtum Lauenburg, Pinneberg, Harburg, Lüneburg sowie die südlichen Teile der Kreise Steinburg und Stormarn. Mit der Durchführung der Studie verschaffen sich die beiden Landesregierungen für die nächsten Jahre erst mal eine gewisse Entlastung vom politischen Druck, der durch die heftigen Anschuldigungen von Umwelt-Aktivisten gegen das Kernkraftwerk Krümmel und deren Resonanz in den Medien erzeugt wird. Sie ist auch Bestandteil des Koalitionsvertrags der rot-grünen Landesregierung in Kiel. Im übrigen wird aber von Fachleuten bezweifelt, daß die Studie geeignet sein könnte, neue Erkenntnisse zu vermitteln (siehe 960804).

Für Die Zeit (15.11.) hätte das Geld weit besser angelegt werden können: "Angesichts der versiegenden Mittel für die schwache deutsche Epidemiologie sind diese 5,8 Millionen - nun, vorsichtig ausgedrückt: unangemessen. Wie wenig Geld ist dagegen für epidemiologische Studien ungleich größerer Krebsrisiken vorhanden, beispielsweise für die Untersuchung der Krebsgefahren, denen Beschäftigte in Industriebetrieben ausgesetzt sind. Doch für SPD und Grüne, ehemalige Arbeiterpartei die einen und habituell linksstehend die anderen, ist die symbolische Ausstrahlung eines AKW längst bedeutsamer als das Risiko derer geworden, die täglich acht Stunden lang ihre Haut zu Markte tragen."