März 1999 |
990327 |
ENERGIE-CHRONIK |
Auf dem Markt für Strom aus erneuerbaren Energien herrscht inzwischen lebhaftes Gedränge, wobei nicht nur die Preise, sondern auch das Verständnis von "Öko"-Strom und die Praktiken seiner Vermarktung stark differieren. In den Medien wird teilweise recht euphorisch über "Öko"-Strom-Anbieter berichtet, als würden diese ihre Kunden gewissermaßen mit einer besonderen Art von Strom versorgen. Faktisch laufen aber alle Modelle darauf hinaus, daß der Kunde weiterhin den üblichen Strom aus der Steckdose bezieht. Er bezahlt lediglich mit dem Strompreis einen Aufschlag, der dann der Errichtung und dem Betrieb von regenerativen Anlagen zugute kommen soll. Zum Teil werden längst bestehende Kapazitäten, z.B. bei Wasser- und Windkraftanlagen, nunmehr als "Öko"-Strom vermarktet.
Die Zeitschrift Photon (2/99) listet in ihrer neuesten Ausgabe sieben bundesweite und sechs regionale Anbieter auf, die "ausschließlich mit Öko-Strom handeln, also keinen konventionellen Strom im Angebot haben", wobei es allerdings bei einigen Anbietern fraglich erscheint, ob sie das genannte Kriterium tatsächlich erfüllen. Zugleich berichtet sie über vergebliche Versuche von Solarstromanlagen-Besitzern, ihren photovoltaisch erzeugten Strom an solche "Öko"-Strom-Vermarkter zu verkaufen. So habe die Naturstrom AG, statt auf das Lieferangebot eines PV-Anlagen-Besitzers einzugehen, ihrerseits versucht, ihn als Kunden zu gewinnen.
Da immer mehr EVU ihren Kunden "grüne
Tarife" oder sonstige Lösungen zur gezielten Förderung
erneuerbarer Energiequellen anbieten (siehe 960715;
980221; 980808;
980809; 990224),
haben andere Anbieter keinen leichten Stand. Zumal dann, wenn
sie von der Möglichkeit der Durchleitung Gebrauch machen
wollen, was den ohnehin wesentlich teureren "Öko"-Strom
weiter verteuern würde. Sie versuchen deshalb, sich ideologisch
zu profilieren, indem sie den EVU vorwerfen, auch Strom aus Kohle
oder Kernenergie im Angebot zu haben und deshalb keine echten
"Öko"-Stromversorger zu sein (980418
u. 980806). Zugleich suchen sie nach
Wegen, eine zeitgleiche oder zeitlich versetzte Durchleitung zu
vermeiden, was den Bezug von "Öko"-Strom vollends
zur Fiktion werden läßt.