April 1999 |
990422 |
ENERGIE-CHRONIK |
Parallel zu den Verhandlungen über einen Ausstieg aus der Kernenergie will Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) mit Parteien, Gewerkschaften, Umweltverbänden und der Wirtschaft die Chancen für einen neuen Energie-Mix ausloten, der stärker als bisher auf erneuerbaren Energiequellen beruht. Zu diesem Zweck soll ein Komitee mit rund 30 Experten aus den genannten Bereichen ab Juni ein Konzept für die künftige Struktur der Energieversorgung erarbeiten. Geplant sind fünf Sitzungen, verteilt über ein Jahr, wobei nacheinander Themen wie Verkehr, Mobilität, Wärme und Strom erörtert werden. Den Vorsitz des Gremiums übernehmen Müller selbst und der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Rolf Breuer. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung soll organisatorische Hilfe leisten. Als fachlicher Ratgeber fungiert das "Forum für Zukunftsenergien", das im Juni 1989 mit einer Anschubfinanzierung durch das Bundeswirtschaftsministerium gegründet wurde, um die Forschung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien zu koordinieren und als Plattform für den energiepolitischen Dialog zu dienen. Das Forum vereint Industrieverbände, Energieversorger und Bundesländer mit wissenschaftlichen Organisationen und Forschungseinrichtungen (Berliner Zeitung, 21.4. u. 22.4.; Handelsblatt, 22.4.; SZ, 22.4.).
Das geplante "Bündnis für Energie" bzw. "Einstiegs-Forum" wurde von SPD, Grünen, Gewerkschaften, Umweltverbänden und der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke begrüßt. Union, FDP und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) signalisierten ebenfalls Zustimmung, äußerten aber in einzelnen Punkten Vorbehalte. So stößt sich die FDP an der Mitwirkung der Ebert-Stiftung. Für die Union muß Müller erst noch präzisieren, was das Einstiegs-Forum leisten soll. Der BDI monierte überdies, daß kein Vertreter der Braunkohlenindustrie eingeladen worden sei.
Wie die Süddeutsche Zeitung (22.4.) feststellt, hat Bundesumweltminister Trittin mit dem Vorstoß seines Kabinettskollegen Müller die Chance verpaßt, sich selbst als Gestalter der vielbeschworenen "Energiewende" zu profilieren: "Energiewende bleibt ein inhaltsleerer Satz aus dem grünen Parteiprogramm; ernst nimmt ihn ausgerechnet der Ex-Strommanager und Atomexperte Müller. So könnte der Wirtschaftsminister der Energiewende seinen Stempel aufdrücken."
Die Zeit (29.4.) hält dagegen einen
solchen "Debattierclub" für überflüssig.
In Bonn grassiere offenbar das "Bündnisfieber".
Das Material zu den aufgeworfenen Fragen sei reichlich vorhanden.
Man brauche es nur zu sichten, zu ordnen und Prioritäten
zu setzen. Am Ende des geplanten Forums werde es "einen Report
geben, in dem nichts neues steht".