Juni 1999 |
990612 |
ENERGIE-CHRONIK |
Dreizehn Kommunen haben am 1.6. Verfassungsbeschwerde gegen das neue Energierecht eingereicht, weil es - so ihr juristisches Hauptargument - gegen die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung verstoße. Sie wollen erreichen, daß das Bundesverfassungsgericht den Wettbewerb um Tarifkunden bis zum 10. August kommenden Jahres aussetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt, zu dem auch die europäische Gas-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt sein muß, könne dann das Gesetz überarbeitet werden. Unter den Klägern befinden sich die Städte München, Kiel, Saarbrücken, Neubrandenburg, Cottbus, Schwäbisch Hall und Düren.
In ihrem Eilantrag halten es die Kommunen für notwendig, daß die kommunalen Erzeuger und Verteiler von Strom weiterhin über das Netzmonopol verfügen. Andernfalls könnten die großen Stromkonzerne aufgrund ihrer Kostenvorteile lukrative Einzelkunden oder sogar ganze Gewerbegebiete aus dem kommunalen Versorgungsbereich herauslösen, was die wirtschaftliche Grundlage der allgemeinen Versorgungspflicht zusammenbrechen lasse. Sie vermissen ferner einen effektiven Schutz für die umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplung: Viele Städte wie Düsseldorf, Duisburg und München hätten unter dem Druck des Wettbewerbs solche Anlagen schon stillegen müssen (FAZ, 2.6.; SZ, 2.6.).
Mit ihrem jetzigen Eilantrag modifizieren die Kommunen eine Verfassungsbeschwerde, die sie bereits am 14. September vorigen Jahres in Karlsruhe einreichten. Damals hatten sie beantragt, das neue Energierecht gänzlich auszusetzen, damit nicht unwiderrufbare Tatsachen geschaffen würden. Nunmehr beschränken sie auf die Forderung, den Wettbewerb im Bereich der Tarifkunden vorerst wieder aufzuheben; im Bereich der Sondervertragskunden sei der Wettbewerb durch die inzwischen erfolgte Entwicklung ohnehin schon Realität.
Der Verband der Industriellen Energie-
und Kraftwirtschaft (VIK) kritisierte das Anliegen der Städte
als "anachronistisch und verbraucherfeindlich". Es gehöre
zum Wesen des Wettbewerbs, daß aus Absatzgebieten der Stadtwerke
lukrative Einzelkunden abgeworben werden. Den Stadtwerken stehe
es ihrerseits frei, Kunden in anderen Absatzgebieten unter Vertrag
zu nehmen.