ENERGIE-CHRONIK


Richtlinie 2005/89/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 18. Januar 2006
über Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen

(ABl. L 33 vom 4.2.2006, S. 22–27)



Richtlinie 2005/89/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 18. Januar 2006
über Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen

(Text von Bedeutung für den EWR)


DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,
auf Vorschlag der Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses [1],
nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags [2],

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt [3] war ein äußerst wichtiger Beitrag zur Schaffung des Elektrizitätsbinnenmarktes. Die Gewährleistung einer hohen Sicherheit der Elektrizitätsversorgung ist eine Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Funktionieren des Binnenmarktes; nach der genannten Richtlinie können die Mitgliedstaaten den Elektrizitätsunternehmen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegen, unter anderem im Hinblick auf die Versorgungssicherheit. Diese gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sollten so genau und präzise wie möglich definiert werden und sollten nicht zur Schaffung von Erzeugungskapazitäten in einem Umfang führen, der über das zur Verhinderung unzumutbarer Unterbrechungen der Elektrizitätsversorgung der Endverbraucher notwendige Maß hinausgeht.

(2) Die Nachfrage nach Elektrizität wird im Allgemeinen auf der Grundlage von Szenarien, die von den Übertragungsnetzbetreibern oder anderen hierfür befähigten Stellen auf Ersuchen eines Mitgliedstaats erstellt werden, mittelfristig prognostiziert.

(3) Ein wettbewerbsorientierter Elektrizitätsbinnenmarkt in der Europäischen Union erfordert transparente und diskriminierungsfreie Politiken für die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung, die mit den Erfordernissen eines solchen Marktes vereinbar ist. Das Fehlen einer entsprechenden Politik in einzelnen Mitgliedstaaten oder das Bestehen erheblicher Unterschiede zwischen den Politiken verschiedener Mitgliedstaaten würde Wettbewerbsverzerrungen nach sich ziehen. Die Festlegung klarer Rollen und Zuständigkeiten für die zuständigen Behörden und die Mitgliedstaaten selbst sowie für alle betroffenen Marktteilnehmer ist daher von wesentlicher Bedeutung, um die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten sowie gleichzeitig die Entstehung von Hindernissen für neue Marktteilnehmer, wie etwa Elektrizitätserzeugungs- oder Versorgungsunternehmen in einem Mitgliedstaat, die vor kurzem ihre Tätigkeit in diesem Mitgliedstaat aufgenommen haben und von Verzerrungen im Elektrizitätsbinnenmarkt sowie ernster Schwierigkeiten für Marktteilnehmer einschließlich Unternehmen mit geringen Marktanteilen wie etwa Erzeugungs- oder Versorgungsunternehmen mit einem sehr geringen Anteil am jeweiligen Gemeinschaftsmarkt zu verhindern.

(4) Die Entscheidung Nr. 1229/2003/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [4] legt eine Reihe von Leitlinien für die Gemeinschaftspolitik über die transeuropäischen Netze im Energiebereich fest. Die Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel [5] enthält unter anderem allgemeine Grundsätze und detaillierte Vorschriften für das Engpassmanagement.

(5) Sofern es aus technischen Gründen erforderlich ist, ist bei der Förderung der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energiequellen sicherzustellen, dass die damit verbundene Reservekapazität zur Erhaltung der Zuverlässigkeit und Sicherheit des Netzes zur Verfügung steht.

(6) Um den umweltpolitischen Verpflichtungen der Gemeinschaft nachzukommen und ihre Abhängigkeit von importierter Energie zu mindern, ist es wichtig, die Langzeitwirkungen der steigenden Elektrizitätsnachfrage zu berücksichtigen.

(7) Die Zusammenarbeit zwischen nationalen Übertragungssystembetreibern in Fragen der Netzsicherheit sowie bei der Festlegung von Übertragungskapazitäten, der Bereitstellung von Informationen und der Netzmodellierung ist von ausschlaggebender Bedeutung für die Entwicklung eines gut funktionierenden Binnenmarktes und könnte weiter verbessert werden. Mangelnde Koordinierung bei der Netzsicherheit beeinträchtigt die Entwicklung gleicher Wettbewerbsbedingungen.

(8) Der vorrangige Zweck der einschlägigen technischen Regeln und Empfehlungen, wie etwa derjenigen des Betriebshandbuchs der UCTE (Union for the Coordination of Transmission of Electricity), und ähnlicher Regeln und Empfehlungen, die von NORDEL, dem Baltic Grid Code und für die Systeme des Vereinigten Königreichs und Irlands entwickelt worden sind, besteht darin, den technischen Betrieb der zusammen geschalteten Netze zu unterstützen und somit dazu beizutragen, den notwendigen unterbrechungsfreien Betrieb des Netzes bei einem Systemausfall an einer oder mehreren Stellen im Netz aufrechtzuerhalten und die durch das Auffangen einer solchen Versorgungsunterbrechung entstehenden Kosten auf ein Minimum zu beschränken.

(9) Die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber sollten verpflichtet sein, in Bezug auf die Häufigkeit und Dauer von Versorgungsunterbrechungen hochwertige Dienstleistungen für den Endverbraucher zu erbringen.

(10) Etwaige Maßnahmen, mit denen gewährleistet werden soll, dass angemessene Erzeugungskapazitätsreserven vorgehalten werden, sollten marktorientiert und nicht diskriminierend sein; diese Maßnahmen könnten vertragliche Garantien und Vereinbarungen, kapazitätsbezogene Optionen oder kapazitätsbezogene Verpflichtungen einschließen. Diese Maßnahmen könnten auch durch andere nicht diskriminierende Instrumente wie Kapazitätszahlungen ergänzt werden.

(11) Um zu gewährleisten, dass angemessene Vorabinformationen zur Verfügung stehen, sollten die Mitgliedstaaten Maßnahmen veröffentlichen, die ergriffen werden, um ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei den tatsächlichen und potenziellen Investoren im Erzeugungssektor und bei den Elektrizitätsverbrauchern aufrechtzuerhalten.

(12) Unbeschadet der Artikel 86, 87 und 88 des Vertrags ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten einen klaren, angemessenen und stabilen Rahmen schaffen, der die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung erleichtert und zu Investitionen in Erzeugungskapazität und Bedarfssteuerungstechniken führt. Daneben ist es wichtig, dass geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung eines gesetzlichen Rahmens getroffen werden, der Anreize für Investitionen in neue Verbindungsleitungen insbesondere zwischen den Mitgliedstaaten schafft.

(13) Der Europäische Rat von Barcelona am 15. und 16. März 2002 hat einen Verbundgrad zwischen den Mitgliedstaaten vereinbart. Geringe Verbundgrade führen zu einer Fragmentierung des Marktes und behindern die Entwicklung des Wettbewerbs. Das Bestehen angemessener physikalischer Verbindungsleitungskapazität — unabhängig davon, ob sie grenzüberschreitend ist oder nicht — ist eine notwendige, aber nicht ausreichende Voraussetzung für die volle Entfaltung des Wettbewerbs. Im Interesse der Endverbraucher sollten die potenziellen Vorteile neuer Verbundvorhaben und die Kosten dieser Vorhaben in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

(14) Es ist wichtig, die maximal vorhandenen Übertragungskapazitäten zu bestimmen, die ohne Verstoß gegen die Sicherheitsanforderungen des Netzbetriebs möglich sind; es ist auch wichtig, beim Verfahren der Kapazitätsberechnung und -zuteilung volle Transparenz zu gewährleisten. So könnte die bestehende Kapazität besser genutzt werden und es würden keine falschen Knappheitssignale an den Markt gesandt, was zur Verwirklichung eines voll wettbewerbsfähigen Binnenmarkts im Sinne der Richtlinie 2003/54/EG beitragen wird.

(15) Die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber bedürfen für ihre Investitionsentscheidungen sowie für die Wartung und Erneuerung der Netze eines sachgerechten und stabilen gesetzlichen Rahmens.

(16) Gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2003/54/EG müssen die Mitgliedstaaten die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung überwachen und einen Bericht darüber vorlegen. Dieser Bericht sollte die für die Versorgungssicherheit relevanten kurz-, mittel- und langfristigen Aspekte umfassen, einschließlich der Absicht der Übertragungsnetzbetreiber, in das Netz zu investieren. Bei der Erstellung dieses Berichts wird von den Mitgliedstaaten erwartet, dass sie sich auf Informationen und Beurteilungen stützen, die von den Übertragungsnetzbetreibern sowohl einzeln als auch kollektiv — auch auf europäischer Ebene — schon erstellt wurden.

(17) Die Mitgliedstaaten sollten die wirksame Durchführung dieser Richtlinie gewährleisten.

(18) Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich eine sichere Elektrizitätsversorgung auf der Grundlage eines fairen Wettbewerbs und die Schaffung eines voll funktionsfähigen Elektrizitätsbinnenmarkts, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkung der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1
Anwendungsbereich

(1) In dieser Richtlinie werden Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung festgelegt, um das ordnungsgemäße Funktionieren des Elektrizitätsbinnenmarktes sicherzustellen sowie
a) einen angemessenen Umfang an Erzeugungskapazität,

b) ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage,
und

c) einen angemessenen Grad der Zusammenschaltung zwischen Mitgliedstaaten zum Zwecke der Entwicklung des Binnenmarktes.

(2) Die Richtlinie gibt einen Rahmen vor, in dem die Mitgliedstaaten transparente, stabile und diskriminierungsfreie Politiken für die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung erstellen, die mit den Erfordernissen eines wettbewerbsorientierten Elektrizitätsbinnenmarktes vereinbar sind.

Artikel 2
Begriffsbestimmungen


Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten die Begriffsbestimmungen des Artikels 2 der Richtlinie 2003/54/EG. Darüber hinaus bezeichnet der Ausdruck

a) "Regulierungsbehörde" die gemäß Artikel 23 der Richtlinie 2003/54/EG benannten Regulierungsbehörden in den Mitgliedstaaten;

b) "Sicherheit der Elektrizitätsversorgung" die Fähigkeit eines Elektrizitätssystems, die Endverbraucher gemäß dieser Richtlinie mit Elektrizität zu versorgen;

c) "Betriebssicherheit des Netzes" den unterbrechungsfreien Betrieb des Übertragungs- und gegebenenfalls des Verteilungsnetzes unter vorhersehbaren Bedingungen;

d) "Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage" die Deckung des vorhersehbaren Bedarfs der Endverbraucher an Elektrizität, ohne dass Maßnahmen zur Senkung des Verbrauchs durchgesetzt werden müssen.

Artikel 3
Allgemeine Bestimmungen


(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten eine hohe Sicherheit der Elektrizitätsversorgung, indem sie die zur Förderung eines stabilen Investitionsklimas erforderlichen Maßnahmen ergreifen, die Aufgaben und Zuständigkeiten der zuständigen Behörden gegebenenfalls einschließlich der Regulierungsbehörden und aller relevanten Marktteilnehmer festlegen und entsprechende Informationen veröffentlichen. Zu den relevanten Marktteilnehmern gehören unter anderem die Betreiber von Übertragungs- und Verteilungsnetzen, die Elektrizitätserzeuger, die Versorgungsunternehmen und die Endverbraucher.

(2) Bei der Durchführung der in Absatz 1 genannten Maßnahmen berücksichtigen die Mitgliedstaaten folgende Aspekte:

a) die Bedeutung der Gewährleistung einer unterbrechungsfreien Elektrizitätsversorgung,

b) die Bedeutung eines transparenten und stabilen gesetzlichen Rahmens,

c) den Binnenmarkt und die Möglichkeiten einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Hinblick auf die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung,

d) die Notwendigkeit einer regelmäßigen Wartung und erforderlichenfalls Erneuerung der Übertragungs- und Verteilungsnetze zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Netzes,

e) die Bedeutung der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt [6] und der Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über die Förderung einer am Nutzwärmebedarf orientierten Kraft-Wärme-Kopplung im Energiebinnenmarkt [7], soweit sich deren Bestimmungen auf die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung beziehen,

f) die Notwendigkeit der Gewährleistung ausreichender Übertragungs- und Erzeugungskapazitätsreserven für einen stabilen Betrieb,

und

g) die Bedeutung der Förderung der Schaffung von liquiden Großhandelsmärkten.

(3) Bei der Durchführung der in Absatz 1 genannten Maßnahmen können die Mitgliedstaaten ferner folgende Aspekte berücksichtigen:

a) das Ausmaß der Diversifizierung bei der Elektrizitätserzeugung auf der nationalen oder relevanten regionalen Ebene,

b) die Bedeutung der Reduzierung der Langzeitwirkungen einer steigenden Elektrizitätsnachfrage,

c) die Bedeutung der Förderung der Energieeffizienz und die Einführung neuer Technologien, insbesondere für die Bedarfssteuerung, zur Nutzung erneuerbarer Energietechnologien sowie für die dezentrale Erzeugung,
und

d) die Bedeutung der Beseitigung administrativer Hürden für Investitionen in Infrastruktur und Erzeugungskapazität.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die gemäß dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen nicht diskriminierend sind und keine unzumutbare Belastung für die Marktteilnehmer einschließlich neuer Marktteilnehmer und Unternehmen mit geringen Marktanteilen darstellen. Daneben berücksichtigen die Mitgliedstaaten — noch vor ihrer Annahme — die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Kosten von Elektrizität für den Endverbraucher.

(5) Bei der Gewährleistung eines angemessenen Grades der Zusammenschaltung zwischen Mitgliedstaaten im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe c ist folgenden Aspekten besondere Aufmerksamkeit zu widmen:

a) der spezifischen geografischen Lage jedes Mitgliedstaats,

b) der Aufrechterhaltung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen den Kosten für den Bau neuer Verbindungsleitungen und dem Nutzen für die Endverbraucher,
und

c) der Sicherstellung einer besonders effizienten Nutzung bestehender Verbindungsleitungen.

Artikel 4
Betriebssicherheit der Netze


(1)

a) Die Mitgliedstaaten oder die zuständigen Behörden stellen sicher, dass die Übertragungsnetzbetreiber Mindestbetriebsregeln und -verpflichtungen für die Netzsicherheit festlegen.

Vor der Festlegung dieser Regeln und Verpflichtungen halten sie Rücksprache mit den betreffenden Akteuren in den jeweiligen Ländern, mit denen eine Zusammenschaltung besteht.

b) Ungeachtet des Buchstabens a Unterabsatz 1 können die Mitgliedstaaten von den Übertragungsnetzbetreibern verlangen, den zuständigen Behörden solche Regeln und Verpflichtungen zur Genehmigung vorzulegen.

c) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Übertragungs- und gegebenenfalls Verteilungsnetzbetreiber die Mindestbetriebsregeln und -verpflichtungen für die Netzsicherheit einhalten.

d) Die Mitgliedstaaten verpflichten die Übertragungsnetzbetreiber, einen angemessenen Grad der Betriebssicherheit des Netzes aufrechtzuerhalten.

Zu diesem Zweck halten die Übertragungsnetzbetreiber angemessene technische Übertragungskapazitätsreserven zur Gewährleistung der Betriebssicherheit des Netzes vor und arbeiten mit den betreffenden Übertragungsnetzbetreibern, mit denen sie zusammengeschaltet sind, zusammen.

Das Maß an vorhersehbaren Umständen, unter denen die Sicherheit aufrechtzuerhalten ist, ist in den Vorschriften für die Betriebssicherheit des Netzes festgelegt.

e) Die Mitgliedstaaten gewährleisten insbesondere, dass zusammengeschaltete Übertragungs- und gegebenenfalls Verteilernetzbetreiber gemäß den Mindestbetriebsregeln rechtzeitig und effizient Informationen über den Betrieb der Netze austauschen. Die gleichen Regeln gelten gegebenenfalls für Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber, die mit Netzbetreibern außerhalb der Gemeinschaft zusammengeschaltet sind.

(2) Die Mitgliedstaaten oder die zuständigen Behörden gewährleisten, dass die Übertragungs- und gegebenenfalls Verteilungsnetzbetreiber Leistungsziele für die Versorgungsqualität und die Netzsicherheit festlegen und einhalten. Diese Ziele bedürfen der Genehmigung durch die Mitgliedstaaten oder die zuständigen Behörden; die deren Verwirklichung überwachen. Die Ziele müssen objektiv, transparent und nicht diskriminierend sein und werden veröffentlicht.

(3) Ergreifen die Mitgliedstaaten die in Artikel 24 der Richtlinie 2003/54/EG und in Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 genannten Schutzmaßnahmen, so unterscheiden sie nicht zwischen grenzüberschreitenden und nationalen Verträgen.

(4) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Versorgungskürzungen in Notfällen anhand von im Voraus festgelegten Kriterien für das Auffangen von Schwankungen durch Übertragungsnetzbetreiber erfolgen. Sicherungsmaßnahmen werden in enger Abstimmung mit anderen relevanten Übertragungsnetzbetreibern ergriffen, wobei einschlägige bilaterale Vereinbarungen, einschließlich Vereinbarungen über den Austausch von Informationen, einzuhalten sind.

Artikel 5
Erhaltung des Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage

(1) Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen der Elektrizitätsnachfrage und der vorhandenen Erzeugungskapazität.

Insbesondere sind die Mitgliedstaaten gehalten,

a) unbeschadet der besonderen Erfordernisse kleiner isolierter Netze die Schaffung eines Marktrahmens für Großabnehmer zu fördern, von dem geeignete Preissignale für Erzeugung und Verbrauch ausgehen,

b) die Übertragungsnetzbetreiber zu verpflichten, die Verfügbarkeit angemessener Erzeugungskapazitätsreserven für Ausgleichszwecke zu gewährleisten und/oder gleichwertige marktgestützte Maßnahmen zu beschließen.

(2) Unbeschadet der Artikel 87 und 88 des Vertrags können die Mitgliedstaaten auch die folgenden, nicht erschöpfenden Maßnahmen treffen:

a) Vorschriften, die neue Erzeugungskapazitäten und den Markteintritt neuer Marktteilnehmer fördern,

b) Abbau von Hindernissen für die Anwendung von Verträgen mit Unterbrechungsklauseln,

c) Abbau von Hindernissen für den Abschluss von Verträgen variierender Länge für Erzeuger und Kunden,

d) Förderung der Einführung von Technologien im Bereich der Echtzeit-Nachfragesteuerung wie etwa fortschrittliche Messsysteme,

e) Förderung von Energieeinsparungsmaßnahmen,

f) Ausschreibungsverfahren oder hinsichtlich Transparenz und Nichtdiskriminierung gleichwertige Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2003/54/EG.

(3) Die Mitgliedstaaten veröffentlichen die gemäß diesem Artikel getroffenen Maßnahmen und sorgen für eine möglichst weit reichende Bekanntmachung.

Artikel 6
Netzinvestitionen

(1) Die Mitgliedstaaten schaffen einen gesetzlichen Rahmen,

a) von dem sowohl für Übertragungsnetzbetreiber als auch für Verteilernetzbetreiber Investitionssignale ausgehen, die diese Betreiber dazu veranlassen, ihre Netze auszubauen, um die vorhersehbare Marktnachfrage zu decken;

b) der die Instandhaltung und erforderlichenfalls die Erneuerung ihrer Netze erleichtert.

(2) Unbeschadet der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 können die Mitgliedstaaten auch Händler-Investitionen in Verbindungsleitungen ermöglichen.

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Entscheidungen über Investitionen in Verbindungsleitungen in enger Abstimmung zwischen den relevanten Übertragungsnetzbetreibern getroffen werden.

Artikel 7
Berichterstattung


(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass der in Artikel 4 der Richtlinie 2003/54/EG genannte Bericht darauf eingeht, inwieweit das Elektrizitätssystem die gegenwärtige und die prognostizierte Nachfrage nach Elektrizität abdecken kann, und auch folgende Aspekte umfasst:

a) Betriebssicherheit der Netze,

b) prognostiziertes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage für den nächsten Fünfjahreszeitraum,

c) prognostizierte Sicherheit der Elektrizitätsversorgung für den Zeitraum von 5 bis 15 Jahren nach dem Datum des Berichts,

und

d) bekannte Investitionsabsichten der Übertragungsnetzbetreiber oder aller anderen Parteien für die nächsten fünf Kalenderjahre oder länger im Hinblick auf die Bereitstellung von grenzüberschreitender Verbindungsleitungskapazität.

(2) Die Mitgliedstaaten oder die zuständigen Behörden erstellen den Bericht in enger Zusammenarbeit mit den Übertragungsnetzbetreibern. Die Übertragungsnetzbetreiber beraten sich erforderlichenfalls mit angrenzenden Übertragungsnetzbetreibern.

(3) Das in Absatz 1 Buchstabe d genannte Kapitel des Berichts, das sich auf die Investitionen in Verbindungsleitungen bezieht, trägt Folgendem Rechnung:

a) den Grundsätzen des Engpassmanagements gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003,

b) vorhandenen und geplanten Übertragungsleitungen,

c) der erwarteten Entwicklung bei Erzeugung, Lieferung, grenzüberschreitendem Handel und Verbrauch unter Berücksichtigung von Bedarfssteuerungsmaßnahmen,

sowie

d) den regionalen, nationalen und europäischen Zielen für die nachhaltige Entwicklung, einschließlich der Projekte im Rahmen der Achsen für vorrangige Vorhaben in Anhang I der Entscheidung Nr. 1229/2003/EG.

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Übertragungsnetzbetreiber Informationen über ihre Investitionsabsichten oder die ihnen bekannten Investitionsabsichten anderer Parteien hinsichtlich der Bereitstellung grenzüberschreitender Verbindungskapazität bereitstellen.

Die Mitgliedstaaten können zudem die Übertragungsnetzbetreiber verpflichten, Informationen über mit dem Bau innerstaatlicher Leitungen zusammenhängende Investitionen zu übermitteln, die sich materiell auf die Bereitstellung grenzüberschreitender Verbindungsleitungen auswirken.

(4) Die Mitgliedstaaten oder die zuständigen Behörden stellen sicher, dass den Übertragungsnetzbetreibern und/oder den zuständigen Behörden der erforderliche Zugang zu den einschlägigen Daten bei der Durchführung dieser Aufgabe erleichtert wird.

Es ist zu gewährleisten, dass vertrauliche Informationen nicht weitergegeben werden.

(5) Auf der Grundlage der in Absatz 1 Buchstabe d genannten Informationen, die sie von den zuständigen Behörden erhält, erstattet die Kommission den Mitgliedstaaten, den zuständigen Behörden und der durch den Beschluss 2003/796/EG der Kommission [8] eingesetzten Gruppe der europäischen Regulierungsbehörden für Elektrizität und Erdgas Bericht über die geplanten Investitionen und ihren Beitrag zu dem in Artikel 1 Absatz 1 dargelegten Zielen.

Dieser Bericht kann mit der in Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2003/54/EG vorgesehenen Berichterstattung kombiniert werden und ist zu veröffentlichen.

Artikel 8
Umsetzung


(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am 24. Februar 2008 nachzukommen. Sie unterrichten die Kommission unverzüglich davon.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission bis zum 1. Dezember 2007 den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 9
Berichterstattung

Die Kommission beaufsichtigt und überprüft die Anwendung dieser Richtlinie und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 24. Februar 2010 einen Fortschrittsbericht vor.

Artikel 10
Inkrafttreten


Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 11
Adressaten


Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 18. Januar 2006.

Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
J. Borrell Fontelles

Im Namen des Rates
Der Präsident
H. Winkler


[1] ABl. C 120 vom 20.5.2005, S. 119.
[2] Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 1. Dezember 2005.
[3] ABl. L 176 vom 15.7.2003, S. 37. Geändert durch die Richtlinie 2004/85/EG des Rates (ABl. L 236 vom 7.7.2004, S. 10).
[4] ABl. L 176 vom 15.7.2003, S. 11.
[5] ABl. L 176 vom 15.7.2003, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1223/2004 des Rates (ABl. L 233 vom 2.7.2004, S. 3).
[6] ABl. L 283 vom 27.10.2001, S. 33. Geändert durch die Beitrittsakte von 2003.
[7] ABl. L 52 vom 21.2.2004, S. 50.
[8] ABl. L 296 vom 14.11.2003, S. 34.