Januar 2001

010125

ENERGIE-CHRONIK


Der Strom-Notstand in Kalifornien hat sich weiter verschärft

Der Elektrizitäts-Notstand in Kalifornien (001220) hat sich im Januar noch verschärft. Ab 17.1. kam es in Teilen des US-Bundesstaats wiederholt zu Stromabschaltungen. Der staatliche Netzbetreiber Independent System Operator (ISO) wußte sich nicht mehr anders zu helfen, um einen völligen Zusammenbruch der Stromversorgung zu verhindern. Die unangekündigten Abschaltungen dauerten bis zu zwei Stunden. Die Engpässe belasten zunehmend auch die Wirtschaft. Die beiden Hauptversorger Pacific Gas & Electric und Southern California Edison stehen kurz vor dem Bankrott. Die kalifornische Regierung stellte 400 Millionen Dollar für kurzfristige Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Stromversorgung zur Verfügung. Parallel dazu wird auf der politischen Ebene nach einer dauerhaften Lösung gesucht. Sie scheint darauf hinauszulaufen, dass der Staat die Rolle des Stromgroßhändlers übernimmt, der mit den Stromlieferanten langfristige Verträge eingeht (FAZ, 15.1. u. 17.1.; Handelsblatt, 22.1. u. 23.1.).

Wichtigste Ursache des Strom-Notstandes in Kalifornien ist das verfehlte Deregulierungsgesetz von 1996, das von sinkenden Strompreisen ausging und den Stromversorgern deshalb - als Ausgleich für getätigte Investitionen - einen festen Abnahmepreis garantierte. Dieser garantierte Abnahmepreis lag sogar über dem damaligen Marktpreis. Entgegen den Erwartungen explodierten die Stromkosten jedoch und verwandelten so den vermeintlichen Vorteil in ein Handikap (Der Spiegel, 15.1.).

VDEW warnt vor Regulierungsbehörde - EnBW reagiert allergisch

Der kalifornische Strom-Notstand fand auch hierzulande große Beachtung. Die Medien warfen dabei nicht selten die Frage auf, ob ähnliches in Deutschland passieren könne. Momentan gebe es für solche Befürchtungen keinen Grund, meinte dazu der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), Eberhard Meller, in einem Interview mit der Agentur "ddp" (22.1.) Man müsse aber aufpassen, um auch künftig Anreize zu Investitionen in die Stromwirtschaft zu erhalten. Der Ruf einiger Politiker und Verbraucherverbände zur Einsetzung einer Regulierungsbehörde für die Netznutzung sei angesichts der kalifornischen Erfahrungen eine "kurzsichtige Forderung".

Mellers Äußerung zur Regulierungsbehörde wurde von der Energie Baden-Württemberg (EnBW) in ungewöhnlich scharfer Form zurückgewiesen: "Ich weiß nicht, welche Schnake Herrn Meller gestochen hat", erklärte der EnBW-Vorstandsvorsitzende Gerhard Goll am 23.1. in einer Pressemitteilung. Es sei "ein starkes Stück", den Bundeswirtschaftsminister und andere Befürworter einer Regulierungsbehörde mit "kalifornischen Erfahrungen" in Verbindung zu bringen. Es lasse sich unschwer nachweisen, dass die derzeitige Situation zurück zu Netz- und Gebietsmonopolen führe. Bundeswirtschaftsminister Müller habe deshalb völlig recht, wenn er der Branche mit der Einsetzung eines Regulators drohe.