März 2001 |
010323 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Bundesrat verabschiedete am 30. März die Frequenzbereichszuweisungsplanungsverordnung (FreqBZPV). Die Verordnung regelt erstmalig auch die Nutzung von Frequenzen in geschirmten und ungeschirmten Leitern. Sie bildet damit die rechtliche Grundlage für die "Powerline"-Projekte, die derzeit von verschiedenen Stromversorgern vorangetrieben werden, um das Stromnetz für Internet, Telefonie und andere Datenübertragungen nutzen zu können. Wie es in einer Pressemitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums hieß, verhilft die Verordnung solchen Projekten zu einer "sicheren Entwicklungsbasis".
Die Nutzungsbestimmung 30 der Verordnung erlaubt grundsätzlich die Verwendung von Stromnleitungen für hochfrequente Datenübertragungen: "In und längs von Leitern können Frequenzen für Telekommunikationsanlagen (TK-Anlagen) und Telekommunikationsnetze (TK-Netze) im Frequenzbereich von 9 kHz bis 3 GHz freizügig genutzt werden." Allerdings dürfen in den genutzten Frequenzbereichen keine "sicherheits-relevanten" Funkdienste betrieben werden. Außerdem darf das Störfeld um die genutzten Leitungen im Abstand von drei Metern bestimmte Werte nicht überschreiten. Störungen durch Sendefunkanlagen müssen hingenommen werden. Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post kann "unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit und nach Anhörung der Betroffenen" auch Ausnahmen genehmigen. Die letztlich verbindliche Festlegung der nutzbaren Frequenz gegenüber dem Bürger erfolgt in Form der Frequenzzuteilung, die grundsätzlich für alle Arten der Frequenznutzung erforderlich ist, also auch für die Frequenznutzung in und längs von Leitern.
Zugleich billigte der Bundesrat die Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung (FreqNPAV) und die Frequenzzuteilungsverordnung (FreqZutV). Die bisher dem Rundfunk vorbehaltenen Frequenzen können künftig grundsätzlich auch für Internet-Zugang oder andere Multimedia-Anwendungen genutzt werden. Das Fernsehen soll bis 2010 und der Hörfunk bis 2015 von analoger auf digitale Übertragungstechnik umgestellt werden.
Der Siemens-Konzern hat sich im März überraschend aus der Powerline-Technik zurückgezogen und die Kooperation mit der Energie Baden-Württemberg (EnBW) auf diesem Gebiet (000230) beendet. Die EnBW erklärte dazu am 19. März, daß dies keine Auswirkungen auf ihre Powerline-Projekte habe. Noch in diesem Sommer werde in Ellwangen ein "Marktauftritt" mit 7500 Stromkunden durchgeführt. Die notwendige Technik liefere jetzt die Schweizer Firma Ascom.
Siemens begründete den Rückzug damit, daß die Rahmenbedingungen der neuen Technologie zu ungewiß seien. "Die Regulierungsbehörde muß erst mal klären, wer in Deutschland die Hoheit für die Technologie haben wird", zitierte "Die Welt" (20.3.) einen Konzernsprecher. Als man vor einem Jahr die Kooperation mit der EnBW eingegangen sei, habe man mit einer deutlich schnelleren Marktöffnung gerechnet. Bisher gebe es noch immer keine klaren Richtlinien. - Allerdings zeichnete sich die jetzt vom Bundesrat verabschiedete Regelung schon seit längerem ab. Anscheinend befürchtet Siemens Probleme mit den zulässigen Störfeld-Stärken um die Leitungen.
Die RWE Plus AG unterzeichnete am 23. März mit dem brasilianischen Stromerzeuger Copel einen Vertrag über die wirtschaftliche und technische Nutzung des von RWE und Ascom entwickelten Powerline-Systems (000230). Im Mai startet ein Feldversuch in der brasilianischen Stadt Curitiba, bei dem fünfzig Haushalte über die Stromleitung Zugang zu Internet und Telefon erhalten. Die Leitung des Projekts übernimmt die RWE Powerline GmbH. RWE Plus sieht in Brasilien einen aussichtsreichen Markt für die Powerline-Technologie, weil in diesem Land nur 17 Prozent aller Haushalte über Telefon verfügen, jedoch 93 Prozent an das Stromnetz angeschlossen sind.
Wie "Die Zeit" (29.3.) bemerkte, ist die Powerline-Technologie in Deutschland für die Stromversorger besonders deshalb interessant, weil sie sich als Mittel der Kundenbindung im liberalisierten Markt einsetzen läßt: "Die ehemaligen Monopolisten müssen angesichts des Wettbewerbs darüber nachdenken, wie sie ihre Kunden vom Wechsel zu anderen Anbietern abhalten können - und da könnte ein schneller und günstiger Internet-Zugang über das Stromnetz ein gutes Argument sein."