Januar 2002

020103

ENERGIE-CHRONIK


Kartellamt untersagt Übernahme von Ruhrgas durch E.ON

Das Bundeskartellamt will die geplante Übernahme der Ruhrgas AG durch E.ON verhindern. Seinen bereits im Dezember geäußerten Bedenken gegen den Erwerb der Gelsenberg AG (011208) ließ es am 19. Januar eine förmliche Untersagung folgen. Vermutlich wird es die etwas später angemeldete Übernahme der Bergemann GmbH (011110) ebenso untersagen.

Nach Feststellung des Bundeskartellamtes würde die Fusion sowohl beim Absatz von Gas als auch beim Absatz von Strom zur Verstärkung marktbeherrschender Stellungen führen. Beim Strom bestehe diese Gefahr infolge der Bedeutung der Ruhrgas AG als Lieferant der Primärenergie Erdgas für Kraftwerke. Hier verfüge E.ON zusammen mit RWE (Thyssengas) schon jetzt über eine dominierende Stellung.

In seiner Pressemitteilung vom 21. Januar läßt das Bundeskartellamt außerdem anklingen, daß E.ON zu wenig Kompromißbereitschaft gezeigt habe: Die angebotenen Auflagen seien "wettbewerblich von geringer Bedeutung" gewesen.

E.ON will Ministererlaubnis beantragen

Der E.ON-Konzern kündigte am 19. Januar an, er werde eine Ministererlaubnis beantragen, um beide Transaktionen zur Übernahme der Mehrheit an der Ruhrgas AG dennoch durchführen zu können. Die Sichtweise des Bundeskartellamts sei zu sehr regional geprägt. Die beantragte Fusion stärke die Position der Ruhrgas im europäischen Wettbewerb. Sie trage damit zur Sicherung der deutschen Erdgasversorgung und zur Erhaltung von Arbeitsplätzen bei. Diese "gesamtwirtschaftlichen Vorteile" würden eine Ministererlaubnis rechtfertigen.

Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) will nach Eingang des Antrags die Monopolkommission mit einem Gutachten beauftragen. Die Verantwortung für die Entscheidung liegt aber bei ihm. In der Geschichte der Bundesrepublik kam es bisher nur sechsmal vor, daß Fusionen entgegen dem Veto des Bundeskartellamts per Sondergenehmigung ermöglicht wurden. Müller gilt als Befürworter der geplanten Fusion. Er sieht sich indessen dem Vorwurf der Befangenheit ausgesetzt, weil er früher in leitender Position für den E.ON-Vorgänger Veba tätig war. Zudem wird dem Bundeswirtschaftsminister in Medienberichten nachgesagt, er hege Aspirationen als künftiger Vorstandsvorsitzender von E.ON oder RWE.  

Rexrodt macht sich für Ministererlaubnis stark

Nach Meinung des früheren Bundeswirtschaftsministers und jetzigen haushaltspolitischen Sprechers der FDP, Günter Rexrodt, darf die Kartellamtsentscheidung nicht das letzte Wort bleiben. In einem Beitrag für die "Financial Times Deutschland" (29.1.) verwies Rexrodt darauf, daß Ruhrgas auch bei Genehmigung der Fusion mit E.ON innerhalb Europas keineswegs übermächtig würde: Mit einem Marktanteil von 13 Prozent würde das Unternehmen lediglich in derselben Liga spielen wie die niederländische Gasunie (19 Prozent), die italienische ENI (16 Prozent) die französische GDF (12 Prozent) oder BP (19 Prozent).

Rexrodt war von Anfang 1993 (930108) bis zum Oktober1998 Bundeswirtschaftsminister. In seiner Amtszeit betrieb er die vollständige Liberalisierung des deutschen Strommarktes.