August 2002 |
020815 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Bundestagsabgeordneten Günter Rexrodt (FDP) und Peter Danckert (SPD) sind als Strom-Lobbyisten ins Gerede gekommen, nachdem sie sich öffentlich für die Genehmigung der Fusion von E.ON und Ruhrgas eingesetzt haben. Wie der "Tagesspiegel" (28.7.) berichtete, untersucht Bundestagspräsident Wolfgang Thierse anläßlich der umstrittenen Aktivitäten des PR-Beraters Moritz Hunzinger auch die Tätigkeit von Rexrodt und Danckert für das Berliner PR-Unternehmen WMP Eurocom AG, das sich auf Unternehmens- und Politikberatung spezialisiert hat. Rexrodt sei gemeinsam mit dem früheren Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) und dem ehemaligen "Bild"-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje Eigentümer des Unternehmens. Er gehöre außerdem dem Vorstand an, während Danckert im Aufsichtsrat sitze. Hauptkunden von WMP seien E.ON und Vattenfall.
Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Rexrodt, in dessen Amtszeit die Liberalisierung des Strommarktes zustande kam, hatte sich gleich nach dem Einspruch des Bundeskartellamts für eine Ministererlaubnis stark gemacht (020103). Auch Danckert hatte öffentlich eine Genehmigung der Fusion verlangt.
Sowohl Rexrodt als auch Danckert haben ihre Tätigkeit im Vorstand bzw. Aufsichtsrat von WMP vorschriftsmäßig im Bundestagshandbuch angegeben. Daraus geht auch hervor, daß Rexrodt noch sieben weiteren Aufsichtsräten, Beiräten und sonstigen Gremien von Unternehmen angehört. Beide bestreiten, ihr Bundestagsmandat mit persönlichen wirtschaftlichen Interessen verquickt zu haben.
Nach Recherchen des "Tagesspiegel" haben mindestens
50 Bundestagsabgeordnete Aufsichtsratsmandate bei Unternehmen und gleichzeitig
einen Sitz in Ausschüssen, die über solche Gesetze mitbestimmen,
die diese Unternehmen betreffen.
Die Zeitung erwähnte in diesem Zusammenhang auch den stellvertretenden energiepolitischen Sprecher der SPD im Bundestag, Reinhard Schultz, der über sein Unternehmen Schultz Projekt Consult in Everswinkel die Interessenvertretung von HEW/Vattenfall übernommen habe. Während der Auseinandersetzung zwischen HEW und Mirant um die E.ON-Anteile an der Berliner Bewag (000801) habe Schultz eine Stellungnahme gegenüber der "Financial Times Deutschland" abgegeben, wonach Mirant bei einer Übernahme der Bewag-Mehrheit keine Aussicht gehabt hätte, im zweiten Schritt den geplanten Einstieg bei der ostdeutschen Veag zu vollziehen.
Schultz habe der Zeitung gegenüber bestätigt, daß sein Unternehmen vom damaligen HEW-Chef Manfred Timm beauftragt worden sei, HEW bei der Übernahme von Bewag, Veag und Laubag zu unterstützen. Eine Überschneidung seiner wirtschaftlichen mit politischen Interessen sehe der SPD-Politiker jedoch nicht, da er nicht der Bundesregierung angehört und deshalb "keinen Einfluß gehabt" habe. Laut Bundestagshandbuch sitzt Schultz inzwischen sowohl bei der Veag als auch bei der Laubag im Aufsichtsrat.