Oktober 2003

031017

ENERGIE-CHRONIK


Iran akzeptiert verschärfte Kontrolle seiner Atomanlagen durch IAEA

Die iranische Regierung erklärte sich am 21. Oktober 2003 bereit, ein Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen, das der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien (IAEA) auch unangemeldete Kontrollen im Iran gestattet. Die Unterzeichnung dieses Protokolls hatte die IAEA auf Betreiben der USA bis zum 31. Oktober ultimativ gefordert. Den Hintergrund bildet die Besorgnis, daß das Kernkraftwerk Buschir, das sich nach 29 Jahren Bauzeit der Fertigstellung nähert, für die Erzeugung spaltbaren Materials zur Herstellung von Atomwaffen verwendet werden könnte. Bei einer Weigerung hätten dem Iran Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gedroht. Befürchtet wurde ferner ein "Präventivschlag" Israels, um dem Bau iranischer Atombomben mit spaltbarem Material aus Buschir zu verhindern. Im Unterschied zum Iran verfügt Israel bereits de facto über Atomwaffen und hat den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet.

Die Zusage erfolgte nach einem Gespräch mit den Außenministern Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens, die eigens nach Teheran gereist waren, um den Konflikt mit der IAEA bzw. den USA beizulegen. In einer gemeinsamen Erklärung verpflichtete sich der Iran ferner, die Anreicherung von Uran auszusetzen. Im Gegenzug bestätigten die drei westlichen Außenminister den Anspruch des Iran auf friedliche Nutzung der Kernenergie und stellten ihm wirtschaftlich-technologische Unterstützung in Aussicht. Schon Anfang August hatten Deutschland, Frankreich und Großbritannien dem Iran ihr Entgegenkommen signalisiert, falls er das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen würde. Die US-Regierung bestand dagegen ultimativ auf der verschärften Kontrolle durch die IAEA und lehnte jegliche Zugeständnisse ab.

Am Kernkraftwerk Buschir wird seit drei Jahrzehnten gebaut

Das Kernkraftwerk Buschir - auch Bushir, Buscher oder Busher geschrieben - ist seit drei Jahrzehnten eine Baustelle, die wegen politischer, kriegerischer, finanzieller und technischer Probleme nicht vollendet werden konnte. Ursprünglich wurde das Projekt 1974 von Siemens-KWU in Angriff genommen. Der erste von zwei 1300-MW-Blöcken war schon weitgehend fertiggestellt, als die Bauarbeiten 1979 infolge der iranischen Revolution zum Erliegen kamen. In den darauffolgenden Kämpfen mit dem Irak wurde die Anlage sechsmal bombardiert. Der Versuch des Irans, sie mit westlicher Hilfe wieder aufzubauen, scheiterte an den USA, die eine Nutzung für militärische Zwecke befürchteten und entsprechenden Druck auf die Bonner Regierung sowie andere Verbündete ausübten (910720).

Der Iran wandte sich in dieser Situation an China und Rußland (920903). Mit den Chinesen wurde der Bau von zwei 300-MW-Reaktoren am Fluß Karun südlich der Stadt Ahvaz vereinbart (930208). Sie sollten zwei französische Reaktoren mit jeweils 950 MW ersetzen, die wegen der islamischen Revolution nicht über vorbereitende Maßnahmen hinausgediehen waren. Aber auch die chinesischen Reaktoren konnten mangels Geld, Technik und Knowhow bisher nicht in Angriff genommen werden.

Die Russen sollten das Siemens-Projekt in Buschir durch einen Reaktor vom Typ WWER-1000 ersetzen und eventuell zwei weitere Reaktoren vom Typ WWER-440 am selben Standort errichten. Infolge der chaotischen Verhältnisse in Rußland, des westlichen Lieferboykotts sowie des Mangels an Geld und Knowhow bei den Iranern blieben die Arbeiten aber weit hinter dem Zeitplan zurück. Momentan ist frühestens 2004 mit der Fertigstellung des ersten Reaktors in Buschir zu rechnen.

Link (extern, ohne Gewähr)