Dezember 2003 |
031207 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die EU-Kommission hat am 10. Dezember 2003 ein Gesetzgebungspaket vorgelegt, mit dem sie die Energieinfrastruktur und Versorgungssicherheit in den Mitgliedsstaaten stärken möchte. Die neuen Rechtsvorschriften sollen die im Juni verabschiedeten neuen Richtlinien für Strom und Gas sowie die gleichzeitig erlassene Verordnung zum grenzüberschreitenden Stromhandel (030601) ergänzen. Die Energiekommissarin Loyola de Palacio präzisiert damit die Maßnahmen, die sie im Oktober zur Vermeidung künftiger Stromausfälle und Engpässe im europäischen Netz angekündigt hat (031010).
Bei der Stromwirtschaft stößt das Gesetzespaket auf entschiedene Ablehnung, da es die unternehmerische Handlungsfreiheit der Netzbetreiber und Energieversorger beschneiden würde. Die Bundesregierung sieht in den Plänen ebenfalls einen "dirigistischen Eingriff". Ihre Bedenken würden von anderen EU-Staaten geteilt, sagte Staatssekretär Georg Wilhelm Adamowitsch am 15. Dezember bei einem Treffen der EU-Energieminister in Brüssel. Auch innerhalb der Kommission waren die Pläne der Energiekommissarin umstritten, weshalb de Palacio die zunächst auf den 3. Dezember terminierte Vorstellung des Gesetzgebungspakets um eine Woche verschieben mußte.
Kernstück des Pakets ist die geplante Richtlinie zur Sicherstellung der Elektrizitäts-Versorgungssicherheit und Infrastruktur-Investitionen. Die Mitgliedstaaten müssen demnach ein klar definiertes Konzept für das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei der Stromerzeugung haben, das die Festlegung von Zielen für die Reservekapazität oder Alternativen wie nachfrageseitige Maßnahmen ermöglicht.Sie müssen definierte Standards für die Übertragungs- und Verteilungsnetze erstellen und einhalten. Jeder Übertragungsnetzbetreiber muss der nationalen Regulierungsbehörde eine jährliche oder mehrjährige Investitionsstrategie vorlegen. Die Regulierungsbehörden haben ihrerseits der Kommission eine Zusammenfassung dieser Investitionsprogramme vorzulegen, damit die nationalen Vorhaben mit vorrangigen Vorhaben von europäischem Interesse im Bereich der transeuropäischen Energienetze abgestimmt werden können. Die Regulierungsbehörden werden ermächtigt, die Fertigstellung von Projekten zu beschleunigen. Falls der Übertragungsnetzbetreiber nicht fähig oder nicht willens ist, bestimmte Projekte zu vollenden, können sie selber eine Ausschreibung vornehmen.
Das Paket sieht ferner eine weitere Überarbeitung der Leitlinien für die transeuropäischen Elektrizitäts- und Erdgasnetze vor, die insbesondere die Einbindung der neuen Mitgliedstaaten betrifft. Für grenzüberschreitende Projekte, an deren Verwirklichung die Gemeinschaft ein besonderes Interesse hat, soll ein europäischer Koordinator benannt werden können.
Weiterhin plant die Kommission eine Verordnung über den grenzüberschreitenden Handel mit Gas, die sich an die bestehenden Rechtsvorschriften für den grenzüberschreitenden Handel mit Strom anlehnt. Mit der Einführung dieses neuen Regulierungsrahmens für die Erdgasfernleitung folgt sie Vorschlägen des Madrider Forum der Gas-Regulatoren.
Schließlich hat die Kommission den Entwurf einer Richtlinie zur Förderung von Energieeffizienz und Energiedienstleistungen, der zunächst separat behandelt wurde, ebenfalls in das Gesetzespaket aufgenommen. Er soll es ermöglichen, jährlich ein Prozent des Energieverbrauchs in der EU einzusparen. Unter anderem würden Energieversorger verpflichtet, Energiedienstleistungen in ihr Angebot aufzunehmen.