Juni 2005

050604

ENERGIE-CHRONIK


Bundesgerichtshof entscheidet Streit um Netznutzungsentgelte zugunsten des Bundeskartellamts

Der Bundesgerichtshof annullierte am 28. Juni ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. März 2004, mit dem eine Mißbrauchsverfügung des Bundeskartellamts gegen die Stadtwerke Mainz wegen überhöhter Netznutzungsentgelte aufgehoben worden war (040309). Damit hat er die Position des Bundeskartellamts auch in anderen ähnlich gelagerten Streitfällen gestärkt (040203). Da in Kürze das neue Energiewirtschaftsgesetz in Kraft tritt, ist die jetzt getroffene höchstinstanzliche Entscheidung allerdings nur noch von eingeschränkter Bedeutung. (Az: KVR 17/04)

Limitierung der Netzerlöse ist zulässig

Das Bundeskartellamt hatte die Stadtwerke Mainz verpflichtet, ihre Netzerlöse auf 40.800.000 Euro zu begrenzen und damit um rund zwanzig Prozent zu senken. Es stützte sich dabei auf vergleichbare Kosten beim Netzbetreiber RWE Net (030405). Im Gegensatz zur Vorinstanz hält der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs die vom Kartellamt verfügte Limitierung der Netzerlöse für zulässig. Es handele sich dabei nicht um eine unzulässige Preisregulierung, weil die Stadtwerke Mainz selbst entscheiden könnten, auf welche Weise sie die ihnen aufgegebene Erlössenkung umsetzen.

Kommunale Netzbetreiber müssen nicht mit ihresgleichen verglichen werden

Der Bundesgerichtshof wies ferner die Ansicht der Vorinstanz zurück, daß ein Vergleich zwischen den Stadtwerken Mainz und RWE wegen unterschiedlicher Größe und Struktur der Unternehmen ausscheide. Es sei nicht erforderlich, den Vergleich auf einen kommunal geprägten Netzdienstleister abzustellen.

Allerdings seien die Netznutzungsentgelte der Stadtwerke Mainz nicht schon dann mißbräuchlich überhöht, wenn das Vergleichsunternehmen niedrigere Entgelte fordere. Es müsse schon ein "erheblicher Abstand" vorliegen.

Einhaltung der Verbändevereinbarungen schließt Mißbrauch nicht aus

Zugleich verwarf der Bundesgerichtshof die vom Oberlandesgericht und anderen Gerichten vertretene Ansicht, daß ein Mißbrauch ausgeschlossen sei, wenn ein Netzbetreiber die verlangten Entgelte aufgrund der Preisfindungsprinzipien der Strom-Verbändevereinbarung ("VV II plus") kalkuliere, weil er damit die Vermutung der Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 des alten Energiewirtschaftsgesetzes auf seiner Seite habe (040203, 030809). Der Kartellsenat verwies dazu auf die ebenfalls in Paragraph 16 enthaltene Bestimmung, daß die Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unberührt bleiben. (Die Aufwertung der Verbändevereinbarungen durch ihre Aufnahme in § 6 EnWG als "gute fachliche Praxis" erfolgte im April 2003. Obwohl sie nur bis Jahresende befristet war, wurde ihr auch nach diesem Zeitpunkt von Gerichten normative Wirkung zugebilligt).