November 2005 |
051105 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Regionalversorger E.ON Hanse hat am 21. November erstmals Angaben zur Zusammensetzung seiner Gaspreise für Haushaltskunden gemacht. Er folgte damit einer Aufforderung des Hamburger Landgerichts, vor dem 52 Kunden mit Unterstützung der Verbraucherzentrale gegen die jüngsten Preiserhöhungen geklagt haben (051004). Nach den jetzt bekanntgegebenen Zahlen erwirtschaftet das Unternehmen in diesem Jahr nur eine Umsatzrendite von einem Prozent, nach 1,8 Prozent im Vorjahr. In Verbraucherkreisen wurden die Angaben mit großer Skepsis aufgenommen. In Pressekommentaren war von "Bauernfängerei" und "Volksverdummung" die Rede.
Der Regionalversorger sieht nach wie vor keine rechtliche Verpflichtung zur Darlegung seiner Kalkulation. Er mache diese "umfassende Offenlegung" vielmehr freiwillig, um "Preistransparenz" herzustellen und das Vertrauen der Kunden wiederzugewinnen, hieß es in der Pressemitteilung. Er nehme dabei sogar in Kauf, daß Konkurrenten einen einseitigen Wettbewerbsvorteil bekämen.
Die "umfassende Offenlegung" der E.ON Hanse beschränkt sich auf pauschale und nicht weiter überprüfbare Zahlen für Beschaffungs-, Netz- und Vertriebskosten im Bereich Haushaltskunden. Damit glaubt das Unternehmen die Anforderungen des Gerichts erfüllt zu haben. Zusätzlich lägen dem Gericht die Verträge mit den Vorlieferanten vor, aus denen die Bindung der Gaseinkaufspreise an den Ölpreis hervorgehe. Die Vorlieferanten seien Wingas, Shell, ExxonMobil und VNG Verbundnetz Gas. (Die konzerneigene E.ON Ruhrgas gehört noch nicht zu den Vorlieferanten der E.ON Hanse, da diese erst vor zwei Jahren aus der Zusammenlegung des Stromversorgers Schleswag mit dem Hamburger Gasversorger Hein Gas hervorging und dabei alle laufenden Verträge mit Lieferanten der Vorgängerunternehmen übernehmen mußte.)
Die E.ON Hanse verband die Bekanntgabe ihrer angeblich geringen Gewinnmarge mit der Ankündigung einer weiteren Preiserhöhung zum Jahresbeginn 2006, die den Gaspreis von 4,77 auf 5,54 Cent pro Kilowattstunde und somit um zehn Prozent steigen läßt. "Diese Erhöhung ist ausschließlich auf die gestiegenen Kosten zurückzuführen, die uns die Vorlieferanten in Rechnung stellen", beteuerte der Vorstandsvorsitzende Hans-Jakob Tiessen.
Im einzelnen sehen die von E.ON Hanse für Haushaltskunden genannten Zahlen
so aus:
Die Gaspreiskalkulation von E.ON Hansein Cent pro Kilowattstunde für Haushaltskunden im Tarif Klassik II |
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2004 | 2005 | |
Mehrwertsteuer | 0,61 | 0,70 |
Beschaffungskosten | 2,27 | 2,88 |
(darin enthaltene Erdgassteuer) | 0,55 | 0,55 |
Netzkosten | 1,27 | 1,27 |
(darin enthaltene Konzessionsabgabe) | 0,03 | 0,03 |
Vertriebskosten (Call-Center, Abrechnung, Personal usw) | 0,17 | 0,18 |
Vertriebsmarge | 0,08 | 0,05 |
"Das ist ein schönes Rechenergebnis, aber der Rechenweg fehlt", kommentierte der Vorsitzende des Bunds der Energieverbraucher, Aribert Peters, die von E.ON Hanse genannten Zahlen gegenüber dem "Tagesspiegel" (22.11.). Die Kalkulation von E.ON Hanse lasse sich deshalb nach wie vor nicht nachvollziehen. So könnten in den Netzkosten immer noch Gewinne versteckt sein, zum Beispiel in Form von kalkulatorischen Abschreibungen. Auch sei die Aufteilung der Kosten auf die verschiedenen Abnehmergruppen - vor allem zwischen Privatkunden und Industriekunden - immer noch unklar. "Wenn die Gaspreise angeblich nur ein durchlaufender Posten sind, ist es vollkommen unverständlich, warum die Konzerne so hohe Gewinne machen", meinte Peters.
Die "Süddeutsche Zeitung" (22.11.) charakterisierte die von E.ON vorgelegten Zahlen als "Bauernfängerei": "E.ON Hanse hat nur einen ganz schmalen Bereich der Bücher geöffnet und die Kalkulation so aufbereitet, wie sie in der unternehmerischen Realität wohl kaum existiert. Gezeigt wird nämlich nur der Bereich der Privatkunden einer ganz bestimmten Tarifklasse. Aber daß nun bitte niemand Mitleid bekommt: Insgesamt verdiente E.ON Hanse 2004 eine ganz ordentliche Vorsteuer-Rendite von gut acht Prozent."
Nach Ansicht der Ulmer "Südwest-Presse" (22.11.) sind die von E.ON genannten Zahlen "kaum eines Blickes würdig" und laufen auf "Volksverdummung" hinaus: "Falls Eon Hanse dem Hamburger Landgericht den gleichen Zahlensalat auftischt, braucht man sich in der Düsseldorfer Konzernzentrale nicht zu wundern, wenn sich die Richter damit nicht abspeisen lassen. Jetzt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit per Gericht - und sei es am Ende vom Bundesgerichtshof - geklärt, wie eine angemessene Veröffentlichung einer Preiskalkulation auszusehen hat."