März 2007

070307

ENERGIE-CHRONIK


Monopolkommission sieht in Verschärfung des Kartellrechts den falschen Weg

Die Monopolkommission sieht in der Verschärfung des Kartellrechts den falschen Weg, um überhöhten Preisforderungen der Stromkonzerne zu begegnen. Am 22. März veröffentlichte sie ein Sondergutachten, in dem sie sich kritisch mit dem Referentenentwurf zur "Bekämpfung von Preismißbrauch im Bereich Energieversorgung und des Lebensmitteleinzelhandels" auseinandersetzt, den Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) in seinem Haus ausarbeiten ließ (061105). Nach diesem Gesetzentwurf sollen die Kartellbehörden befugt werden, einen Mißbrauchsverdacht auszusprechen, sobald ein marktbeherrschendes Versorgungsunternehmen sein Entgelt über den Preis eines beliebigen anderen Versorgungsunternehmens anhebt, ohne – wie bisher – den direkten Nachweis der strukturellen Vergleichbarkeit erbringen zu müssen.

Nach Ansicht der Monopolkommission führt diese faktische Beweislastumkehr zwar zu einer Erleichterung in der Anwendungspraxis der Kartellbehörden. Zur Verfolgung des Zieles würden jedoch ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit sowie gravierende ökonomische Ineffizienzen und Risiken in Kauf genommen. Vor allem setze die Vorschrift Anreize zur wechselseitigen Erpressung der Versorgungsunternehmen und berge gerade dadurch die Gefahr der Wettbewerbsbeschränkung bzw. des parallelen Verhaltens. Preissenkungen durch Konkurrenten würden nicht zu dem erhofften Wechsel der Kunden führen, weil die etablierten Anbieter sofort nachziehen müßten. Hierdurch blieben der erwünschte Erfolg der Preissenkung und Markteintritte potentieller Neuanbieter aus. Die alternativ vorgesehene Preiskontrolle auf Kostenbasis (Gewinnbegrenzungskonzept) erleichtere die Anwendungspraxis der Kartellbehörden nicht. Zum einen müsse dazu erst der Kostenbegriff definiert werden. Zum anderen müßten die Kosten identifiziert und zugerechnet werden, was für die Kartellbehörden eine kaum zu bewältigende Aufgabe bedeute. Zusätzlich berge das Gewinnbegrenzungskonzept als statisches, angebotsbasiertes Konzept erhebliche ökonomische Risiken.

Wörtlich heißt es in dem Gutachten, "daß der Gesetzgeber nicht an den Symptomen, sondern an den ökonomischen Ursachen für den fehlenden Wettbewerb auf den betroffenen Märkten ansetzen sollte". Sinnvoller als eine Symptombekämpfung bzw. Marktergebniskontrolle sei die Intensivierung des Wettbewerbs durch den Abbau der Marktzutrittschranken, um Markteintritte von potentiellen Wettbewerbern zu forcieren. Zunächst sollte die Kapazität der Grenzkuppelstellen ausgebaut werden. Hierdurch lasse sich der relevante Markt erweitern und über die Vermehrung der Marktakteure die Wettbewerbsintensität erhöhen. Eine große Herausforderung werde es dabei sein, einen europaweiten politischen Konsens zu finden.

Widerstand auch beim Bundesumweltminister

Die von Bundeswirtschaftsminister Glos geplante Verschärfung des Energie-Kartellrechts stößt auch bei Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) auf erhebliche Bedenken. Er glaube, daß diese Gesetzänderung nicht zu mehr Wettbewerb führe, sagte Gabriel am 9. März in Berlin. Dies gelte vor allem für die Auswirkungen der vom Wirtschaftsminister geplanten Preisaufsicht. Preiseingriffe seien nur "in der ersten Minute populär". Die Unternehmen könnten das neue Recht zum Beispiel dadurch unterliefen, daß sie über Händler Energie aus- und auch wieder einführten. "Ich möchte mal sehen, wer da die Preisaufsicht wahrnehmen will." Dies stoße schnell an die Grenzen des europäischen Wettbewerbsrechts. (DPA, 9.3.)

Kartellamtspräsident Böge unterstellt Gabriel Interesse an hohen Energiepreisen

Der scheidende Präsident des Bundeskartellamts, Ulf Böge, begrüßte dagegen die Pläne des Bundeswirtschaftsministers und kritisierte die Haltung Gabriels: "Der Umweltminister sträubt sich nach wie vor gegen die Verschärfung, weil er wohl aus Umweltschutzgründen an hohen Energiepreisen interessiert ist", sagte Böge in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen" (26.3.). "Ich halte es für unannehmbar, daß marktbeherrschende Unternehmen Gewinne aus mißbräuchlichem Verhalten jahrelang einstreichen können, weil das Fehlverhalten erst abzustellen ist, wenn eine viele Jahre später abschließende Gerichtsverhandlung vorliegt. Deshalb müssen wir als Regelfall die sofortige Vollziehbarkeit dere Entscheidungen des Kartellamts haben, damit unsere Entscheidungen schneller greifen."

Rhiel weiterhin für möglichen Zwangsverkauf von Kraftwerken

Der hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) plädierte erneut für eine Verschärfung des Kartellrechts, die dem Bundeskartellamt die Möglichkeit gibt, Stromkonzerne zum Verkauf eines Teils ihrer Kraftwerkskapazitäten zu zwingen. "Der Staat kann und muss dazu beitragen, dass die Strompreise sinken, indem er für echten Wettbewerb sorgt", sagte Rhiel am 15. März im Deutschlandfunk. Wenn alles andere nicht helfe, müsse das Bundeskartellamt das Oligopol der vier Stromkonzerne zerschlagen können, indem es die Unternehmen zwingt, einen Teil der Kraftwerke an Dritte zu verkaufen. Dadurch stiege die Zahl der Stromerzeuger in Deutschland und es entstünde "ein echter wirksamer Wettbewerb".

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