Juli 2008

080714

ENERGIE-CHRONIK


Abschaltungs-Auflage für Kernkraftwerke war zu vage formuliert

Das Bundesumweltministerium unter Jürgen Trittin (Grüne) handelte rechtswidrig, als es die Betreiber der Kernkraftwerke Biblis A (031213) und Philippsburg 2 (050302) verpflichtete, ihre Anlagen schon bei geringen Zweifeln an der Einhaltung der verlangten Sicherheitsstandards vom Netz zu nehmen. Die Formulierung der Auflage läßt nämlich für den Betreiber nicht hinreichend erkennen, wann und unter welchen Voraussetzungen die Pflicht zur Abschaltung ausgelöst wird. Überdies verstößt es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn unabhängig von der Schwere der Überschreitung und der Bedeutung der nicht eingehaltenen Kontrollwerte für die Sicherheit pauschal die sofortige Einstellung des Leistungsbetriebs verfügt wird. Mit dieser Begründung gab das Bundesverwaltungsgericht am 2. Juni einer Klage statt, mit der die Energie Baden-Württemberg (EnBW) die Aufhebung der Verfügung für das Kernkraftwerk Philippsburg 2 verlangt hatte.

Auf Weisung des Bundesumweltministeriums mußte damals das baden-württembergische Umweltministerium die EnBW verpflichten, bei nicht "offensichtlich unbedeutender" Nichteinhaltung von "Grenzwerten, Maßen oder anderen spezifizierten sicherheitstechnischen Anforderungen zur Störfallbeherrschung" den Leistungsbetrieb von sich aus unverzüglich einzustellen. Das Gleiche sollte gelten, wenn "der Nachweis der Störfallbeherrschung gescheitert ist, es sei denn, die Störfallbeherrschung ist zweifelsfrei nur geringfügig beeinträchtigt". Ferner war angeordnet worden, daß "die Aufsichtsbehörde unverzüglich zu informieren" ist, wenn "der Nachweis der Störfallbeherrschung in Frage gestellt sein könnte".

Informationsverpflichtung bleibt

Bereits in der Vorinstanz hatte der Verwaltungsgerichshof Baden-Württemberg der EnBW-Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Verfügung insgesamt für ungültig erklärt (051209). Im Unterschied dazu hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht die angeordnete Melde- und Informationspflicht für hinreichend bestimmt gehalten und die Klage insoweit abgewiesen.

Das Bundesumweltministerium von Sigmar Gabriel (SPD) hob in einer Pressemitteilung unter der Überschrift "Atomkraftwerksbetreiber müssen besser informieren - Bundesverwaltungsgericht stärkt Atomaufsicht" besonders den letzten Punkt hervor. Damit seien die KKW-Betreiber "zukünftig verpflichtet, die Atomaufsicht bereits bei begründeten Zweifeln an der Beherrschung eines Störfalls zu informieren". In einer Pressemitteilung der EnBW hieß es dagegen, diese Informationspflicht entspreche dem Selbstverständnis der KKW-Betreiber und sei "gelebte Praxis im Umgang mit der Atomaufsicht".

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