Dezember 2008

081201

ENERGIE-CHRONIK


Die Siemens-Tochter Osram freut sich bereits auf die EU-Verordnung zum Verkaufsverbot für Glühlampen. Die auf diesem Pressebild abgebildeten Lampen sind schließlich nicht nur "effizienter" als normale Glühlampen, sondern auch wesentlich teurer. Größtenteils handelt es sich um Varianten der Kompakt-Leuchtstofflampe. Ganz rechts sind außerdem verschiedene Ausführungen von Halogen-Glühlampen zu sehen, die aber bis 2012 ebenfalls verschwinden sollen, wenn sie nicht mindestens den Energie-Klassen B und C genügen.

EU-Kommission will bis 2012 alle Glühlampen vom Markt verbannen

Die EU-Kommission will eine Verordnung zur schrittweisen Abschaffung von Glühlampen zwischen 2009 und Ende 2012 erlassen. Auf einer Sitzung des Ökodesign-Regelungsausschusses am 8. Dezember billigten die Sachverständigen der EU-Mitgliedstaaten die diesbezüglichen Vorschläge der Kommission. Angeblich wird damit europaweit eine jährliche Energieeinsparung von annähernd 40 Terawattstunden erreicht, was ungefähr dem Stromverbrauch Rumäniens entsprechen würde.

Zunächst soll es ab September 2009 keine Glühlampen mehr geben, die eine Leistung von 100 Watt und mehr aufnehmen. In den beiden folgenden Jahren sind nur noch Lampen mit maximal 75 bzw. 60 Watt zulässig. Ab September 2012 sollen dann alle Glühlampen mit Ausnahme von Halogenlampen der Klasse B und C vom Markt verschwunden sein (siehe Übersicht).

Zum Teil kursieren auch andere Wattzahlen für das sukzessive Verkaufverbot. Das liegt daran, daß der Verordnungsentwurf den zulässigen Energieverbrauch der Lampen auf bestimmte Werte des Lichtstroms in Lumen bezieht. Bei der Umrechnung in Watt ergeben sich so die nicht marktgängigen Wattzahlen von 80, 65, 45 und 7 Watt, aus denen bei Anpassung an die tatsächlich verfügbaren Lampen 100, 75 und 60 Watt werden. Der Verordnungsentwurf selber wurde bisher noch nicht veröffentlicht.

Als Ersatz für die stufenweise aus dem Verkehr gezogenen Glühlampen sind Kompakt-Leuchtstofflampen vorgesehen, die auch als "Energiesparlampen" bezeichnet werden (siehe Hintergrund). Ab September 2016 dürfen daneben nur noch Halogenlampen der Klasse B sowie bestimmte Halogenlampen der Klasse C verkauft werden. Ausgenommen vom Verbot bleiben Glühlampen für spezielle Anwendungen wie Bühnenbeleuchtung, Backofen oder Infrarotbestrahlung. Die Kommission erhofft sich dadurch Stromeinsparungen um 80 bis 25 Prozent (siehe Tabelle).

Die Verordnung wird nun vom Europäischen Parlament geprüft und soll im März 2009 offiziell von der Kommission verabschiedet werden. Sie ist eine von mehreren Maßnahmen, mit denen die Kommission die im Jahre 2005 erlassene Ökodesign-Richtlinie (050402) in konkrete Vorschriften für "energiebetriebene Produkte" umsetzen will. Auf Basis dieser Richtlinie hat der Bundestag das "Energiebetriebene-Produkte-Gesetz" (EBPG) beschlossen, das im März 2008 in Kraft trat (080307).

Verordnung begünstigt Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Fernost


Licht ist mit ungefähr acht Prozent das kleinste Segment im Stromverbrauch der deutschen Haushalte (Quelle: BDEW)

"Diese bahnbrechende Maßnahme ist ein deutlicher Beleg für die Entschlossenheit der EU, ihre Energieeffizienz- und Klimaschutzziele zu erreichen", verkündete der für Energie zuständige Kommissar Andris Piebalgs. "Wenn die europäischen Haushalte die aus dem letzten Jahrhundert stammenden Lampen durch leistungsfähigere Technologien ersetzen, sparen sie bei gleicher Beleuchtungsqualität nicht nur Energie und Geld, sondern schonen außerdem die Umwelt."

Der führende Lampenhersteller Osram, der zum Siemens-Konzern gehört, zeigte sich ebenfalls begeistert von den Plänen der Kommission. Anscheinend verspricht er sich ein gutes Geschäft mit Energiesparlampen und Halogenlampen, die deutlich teurer sind als normale Glühlampen. Unmittelbar nach Bekanntgabe der Kommissionsentscheidung veröffentlichte der Leuchtmittel-Hersteller sogar Zeitungsanzeigen, in denen er den "EU-weiten Abschied von der Glühlampe" als "grünes Licht für Klimaschutz" begrüßte und sich anheischig machte, Europa auf "energiesparendes Licht umzuschalten".

Arbeitsplätze in Europa werden dadurch jedoch nicht entstehen, sondern eher verschwinden, wie die EU-Kommission einräumt. Bisher werden die in Europa verbrauchten Glühlampen größtenteils in Ländern der Gemeinschaft hergestellt. "Energiesparlampen" kommen dagegen schon jetzt größtenteils aus China und anderen Drittländern. Der weltweit agierende Leuchtmittel-Hersteller Osram produziert bisher noch zwei Drittel seiner Energiesparlampen in Ländern der EU. Er hat aber bereits damit begonnen, weitere Arbeitsplätze in Billiglohnländer zu verlagern. Im September 2007 gab er die Gründung einer Gesellschaft zur Fertigung von Kompaktleuchtstofflampen in Hongkong bekannt. Im indischen Kundli baut er derzeit eine weitere Fabrik für die Produktion von Leuchtstoffröhren und Kompaktleuchtstofflampen.

Eher Milchmädchenrechnung als sinnvolle Energieeinsparung

Skepsis ist auch angebracht, was die erhofften Energieeinsparungen betrifft. Letztendlich könnte es sich sogar um eine reine Milchmädchenrechnung bzw. um einen Schildbürgerstreich handeln wie bei der europaweiten Einführung der Sommerzeit (Richtlinie 2000/84/EG), die ebenfalls mit angeblichen Energieeinsparungen begründet wurde. Inzwischen steht fest, daß es diesen Einspareffekt, für den eine halbe Milliarde Menschen von Portugal bis Polen zweimal im Jahr die Unannehmlichkeit der Zeitumstellung auf sich nehmen müssen, überhaupt nicht gibt.

Der Einzelhandelskonzern Rewe nahm das geplante Verkaufsverbot zum Anlaß, um sich publikumswirksam als Partner der EU-Kommission zu empfehlen und Energiesparlampen in Verpackungen mit der Aufschrift "Rettet die Eisbären!" anzubieten. Die Stromversorger preisen Energiesparlampen schon seit vielen Jahren als angebliche Klimaretter an, obwohl oder weil sie genau wissen, daß dies dem weiteren Anwachsen des Stromverbrauchs und damit ihren Gewinnen nicht ernsthaft schadet. Die Energiesparlampen haben in der PR-gesteuerten Klimadiskussion eine ähnliche Alibi-Funktion wie die Solarzellen, die inzwischen fast jedes Stadtwerk aufs Dach gestellt hat, um sein Image als Stromversorger zeitgemäß zu polieren und vorrechnen zu können, wieviel CO2 dadurch jährlich vermieden werde. Der reale Effekt solcher Maßnahmen tendiert indessen gegen Null.

Der beabsichtigte Feldzug zur Abschaffung der Glühlampe scheint demselben oberflächlichen PR-Geist entsprungen zu sein. Für die Energieeinsparung bringt er so gut wie nichts. Das weitere Anwachsen des Stromverbrauchs wird er sowieso nicht verhindern können. Er bedeutet aber eine ähnliche Gängelung und Bevormundung der Bürger wie die willkürliche Zeitumstellung. Im Unterschied zur geplanten Verordnung zur Begrenzung der Leerlaufverluste bei Elektrogeräten ("Stand-by-Verluste") oder zur bereits verabschiedeten Richtlinie über Energieeffizienzanforderungen an Vorschaltgeräte für Leuchtstofflampen (2000/55/EG) beschränkt sich die Kommission hier nicht darauf, technisch mögliche und durchaus sinnvolle Energieeinsparungen gegen den Widerstand von Herstellern und Stromwirtschaft durchzusetzen. Sie will vielmehr den Bürger dazu zwingen, in seinem persönlichen Bereich nur bestimmte Lichtquellen zu verwenden. Das ist ein Eingriff in die Privatsphäre, als würde sie den Verkauf bestimmter Tapetenmuster untersagen, weil deren Herstellung einen höheren Energieaufwand erfordert. Schließlich greifen die meisten nicht aus Unwissenheit oder Mangel an Alternativen weiterhin zur Glühlampe, sondern weil sie deren Licht und auch gerade deren Wärme als angenehm empfinden. Die geringfügig höhere Stromrechnung gegenüber einer Totalausstattung mit "Energiesparlampen" ist ihnen das wert. Wer das "kalte" Licht der Kompakt-Leuchtstofflampen einfach nicht mag, wird deshalb vermutlich auch künftig Mittel und Wege finden, sich Glühlampen zu beschaffen.

Das Einspar-Potential ist fragwürdig und in jedem Fall gering

Die Einspar-Rechnung der Kommission dürfte auch deshalb nicht aufgehen, weil die höhere Wärmeabstrahlung von Glühlampen nicht einfach "verloren" geht. Sie leistet vielmehr einen Beitrag zur Erwärmung der Räume, der den größten Teil des Jahres willkommen ist. Wenn diese beiläufige Elektroheizung entfällt, müssen die normalen Heizungen entsprechend mehr aufgedreht werden – vielleicht sogar noch höher, als es nötig wäre, um das Wärmedefizit auszugleichen, da die subjektiv "gefühlte Wärme" bei der Beleuchtung mit Leuchtstofflampen geringer ist.

Das Einspar-Potential ist ohnehin sehr klein. Im Haushaltsbereich, auf den die Kommission mit ihrer Verordnung zielt, beläuft sich in Deutschland der Anteil der Beleuchtung am gesamten Energieverbrauch auf schätzungsweise ein Prozent. Auf den Stromverbrauch bezogen sind es etwa acht Prozent. Die Beleuchtung ist damit das kleinste Segment im Haushaltsstromverbrauch. Weit größere Einsparmöglichkeiten eröffnen sich in den Bereichen Kühlung, Warmwasser, Heizung oder Unterhaltungselektronik (siehe Grafik). Wenn die Kommission die europaweit mögliche Einsparung mit dem Stromverbrauch Rumäniens vergleicht – was immerhin etwa sechs Prozent der deutschen Bruttostromerzeugung entspräche – ist das reine Spekulation. Es gibt weder zuverlässige Angaben zum Anteil der Glühlampen am privaten Stromverbrauch noch läßt sich genau absehen, in welcher Weise die Verbraucher auf den geplanten Verkaufsstopp für Glühlampen reagieren würden.

"ökotest" beleuchtet die Schattenseiten der Energiesparlampen

Nach Feststellung der Zeitschrift "ökotest" ist die Öko-Bilanz der Kompakt-Leuchtstofflampen keineswegs so positiv, wie dies die EU-Kommission ihrer Verordnung zugrunde legt. So werde schon mal der Einspareffekt der "Energiesparlampen" stark übertrieben: Anstelle der versprochenen Stromersparnis von 80 Prozent sei für die getesteten Lampen lediglich eine Einsparung zwischen 77 und 50 Prozent ermittelt worden. Schon im Neuzustand würden Lampen, die angeblich eine 60-Watt-Glühbirne ersetzen können, nicht dieselbe Helligkeit erreichen. Hinzu nehme die Helligkeit mit der Betriebsdauer deutlich ab. Die beste Lampe im Test habe nach 2000 Betriebsstunden acht Prozent an Helligkeit verloren, die schlechteste mehr als die Hälfte.

Die versprochene Lebensdauer der Energiesparlampen von zumeist 6000 bis 8000 Stunden werde ebenfalls nicht erreicht. Schon nach 1500 Stunden seien die ersten Lampen ausgefallen. Vor allem häufiges Ein- und Ausschalten verkürze die Lebensdauer der Lampen deutlich, so daß der höhere Preis der Lampe nicht mehr durch Stromeinsparung ausgeglichen werden kann.

Ein schwerwiegender Umwelt-Nachteil der Leuchtstofflampen ist ferner, daß sie das hochgiftige Schwermetall Quecksilber enthalten. Sie dürfen deshalb nicht wie Glühlampen mit dem Hausmüll entsorgt, sondern müssen als Sondermüll zum Recyclinghof gebracht werden. Für den Fall, daß eine solche Lampe zu Bruch geht, empfiehlt "ökotest" das Einsammeln der Bruchstücke mit Handschuhen und gutes Lüften, um eine Quecksilbervergiftung zu vermeiden. Die eingesammelten Trümmer sind anschließend vorschriftsgemäß als Sondermüll zu entsorgen. Keinesfalls darf ein Staubsauger benutzt werden.

Die Zeitschrift führte noch eine Reihe weiterer Bedenken gegen die Verwendung von "Energiesparlampen" an, die einer Überprüfung möglicherweise nicht standhalten, zumindest aber als subjektiver Faktor von Bedeutung sind. So seien die elektromagnetischen Felder dieser Lampen im Abstand von 30 Zentimeter deutlich stärker als die TCO-Zertifizierung für strahlungsarme Bildschirme erlaube. Das naturfremde Lichtspektrum und das (für das menschliche Auge nicht mehr wahrnehmbare) hochfrequente Flimmern mache die Lampen zu einem "biologischen Risikofaktor". Durch die von den elektronischen Vorschaltgeräten erzeugten hohen Frequenzen würden sie "zu einer erheblich schlechteren, verzerrten, schmutzigen Lichtquelle und zur Elektrosmogbelastung".


Der Plan der EU-Kommission zur Abschaffung der Glühlampe

Die grauen Felder zeigen an, welche Lampen zu welchem Zeitpunkt noch zulässig sein sollen
Bei den Kategorien A, B, C und E handelt es sich um die Energieetikettierung für Haushaltslampen gemäß Richtlinie 98/11/EG
Die Watt-Angaben für Halogenlampen beziehen sich auf die Leistungsaufnahme von Glühlampen gleicher Helligkeit
(Die Tabelle entstammt dem Kommissionspapier "Phasing out incandescent bulbs in the EU – Technical briefing")

Datum Anforderungen

Alle
Glühlampen

Alle
Halogenlampen
Kompakt-
Leuchtstofflampen
Anforderungen

Glühlampen und
konventionelle Halogenlampen

Halogen C Halogen B
            ≥ 100 W ≥ 75 W ≥ 60 W < 60 W    
Heute keine       keine            
Sept 2009 A       C für ≥ 100 W
E für Rest*
           
Sept 2010 A       C für ≥ 75 W            
Sept 2011 A       C für ≥ 60 W            
Sept 2012 A       C für alle            
Sept 2013
Zweite Stufe der Anforderungen
Überprüfung 2014
Überprüfung
Sept 2016 A       B / C **         ***  


* Für alle Klarlampen wird Klasse E erforderlich; Glühlampen und Halogenlampen der Klassen F und G sind nicht mehr zulässig. Nur Glühlampen der Klasse E bleiben als Klarlampen noch in einigen Wattstufen erhältlich, bis auch sie im September 2012 verschwinden.

** Halogenlampen für spezielle Zwecke bleiben zulässig, müssen aber zumindest den Anforderungen der Klasse C genügen. Für alle anderen Klarlampen ist Klasse B vorgeschrieben.

*** In der Klasse C sind nur noch Halogenlampen für spezielle Zwecke zulässig


Effizienz-Gewinn in % gegenüber herkömmlichen Glühlampen

(Laut Kommissionspapier "Phasing out incandescent bulbs in the EU – Technical briefing")

Lampen-Technik Energie-Einsparung Energie-Klasse
Glühlampe   E, F, G
Halogen-Hochvoltlampe (230 V) 0 - 15 % D, E, F
Halogen-Niedervoltlampe (12 V) 25 % C
Halogen-Hochvoltlampe mit Xenon-Füllung 25 % C
Halogen-Niedervoltlampe mit Infrarot-Beschichtung 45 % B (unteres Ende)
Kompakt-Leuchtstofflampe birnenförmig 65 % B (oberes Ende)
Kompakt-Leuchtstofflampe normale Ausführung 80 % A

Links (intern)

Link (extern, ohne Gewähr)