Juli 2009 |
090712 |
ENERGIE-CHRONIK |
Es ist unzulässig, wenn ein Gasversorger sich von seinen Sondervertragskunden pauschal die "Berechtigung" einräumen läßt, die Preise den wechselnden Einkaufspreisen anzupassen. Eine solche Klausel benachteiligt den Kunden gleich zweifach: Zum einen ergibt sich daraus für den Versorger keine Verpflichtung, sinkende Einkaufspreise an den Kunden weiterzugeben. Zum anderen bleiben Kostensenkungen unberücksichtigt, die der Versorger möglicherweise an anderer Stelle erzielt und mit denen er die höheren Einkaufskosten ausgleichen könnte. Das ist die Quintessenz eines Urteils, mit dem der Bundesgerichtshof am 15. Juli der Klage eines Kunden der Berliner Gasag stattgab, der Ende 2006 erfolgreich vor dem Amtsgericht Tiergarten geklagt hatte, aber ein halbes Jahr später in zweiter Instanz vor dem Berliner Landgericht unterlegen war (Urteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07).
Eine "Schwere Niederlage für die Gas-Konzerne", wie die Süddeutsche Zeitung (16.7.) titelte, ist das Urteil wohl kaum. Es bestätigt im wesentlichen nur die Rechtsauffassung, die der BGH bereits vor einem Jahr in einem Rechtsstreit vertreten hat, den 160 Gaskunden aus Sachsen gegen die EnBW-Tochter Enso angestrengt hatten (080504). Auch damals sah der BGH in einer solchen Preisanpassungsklausel eine nach § 307 Abs. 1 Satz 1 unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung, da sie auf eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners hinausläuft.
Erlaubt wäre es dagegen gewesen, wie der BGH jetzt feststellte, das gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 4 Abs. 1 und 2 der damals noch gültigen "Allgemeinen Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden" (AVBGasV) unverändert in einen Normsonderkundenvertrag zu übernehmen. In diesem Falle sei nämlich das Preisänderungsrecht des Gasversorgungsunternehmens an billiges Ermessen gebunden und gehe mit der Rechtspflicht einher, gefallenen Gasbezugskosten nach gleichen Maßstäben wie gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen.
Seit 8. November 2006 gilt anstelle der AVBGasV, die in diesem Prozeß noch
eine Rolle spielte, die "Verordnung über Allgemeine Bedingungen für
die Gasgrundversorgung (GasGVV) (061103). Der Bundesverband
der Energie- und Wasserwirtschaft (VDEW) vertrat in einer Stellungnahme die Ansicht,
daß mit dem jetzt ergangenen BGH-Urteil "auch die Leitbildfunktion der
GasGVV anerkannt" werde. Die Branche erhalte so "Rechtssicherheit bei der
Ausgestaltung von Preisanpassungsklauseln in Haushaltskunden-Verträgen".