August 2010

100806

ENERGIE-CHRONIK


Die "Desertec"-Lobby dringt auf staatliche Unterstützung

Das Firmen-Konsortium, das sich im Juli 2009 mit der "Desertec Foundation" zusammentat, um die Stromversorgung Europas aus sonnenreichen Gebieten Nordafrikas und des Mittelmeerraums zu verwirklichen (090702), ruft inzwischen verstärkt nach staatlicher Unterstützung. Zugleich legt die "Desertec Foundation" mehr Wert darauf, nicht mehr mit dem Firmen-Bündnis verwechselt zu werden, das Ende Oktober 2009 als DII GmbH ins Handelsregister eingetragen wurde, nach außen aber als Desertec-Konsortium auftrat. Neuerdings bleibt die Verwendung der "Marke" Desertec der gemeinnützigen Stiftung vorbehalten, während die DII GmbH (Desertec Industrie Initiative Planungsgesellschaft GmbH) nur noch diesen Kürzel verwendet und auf der Suche nach einem einprägsameren Namen ist. (Handelsblatt, 23.7.)

Schon am 17. Februar bekräftigte DII-Geschäftsführer Paul van Son vor Pressevertretern in Berlin, daß das Wüstenstromprojekt in den ersten zehn bis zwanzig Jahren auf staatliche Unterstützung angewiesen sein werde. Zugleich verlangte er etwas "Ähnliches" wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auf europäischer Ebene. In diese Richtung zielte auch ein kurz darauf veröffentlichtes Auftragsgutachten der Energiewirtschaft, das eine europaweite "Harmonisierung" der Erneuerbare-Energien-Förderung mit Konzentration auf technologisch ergiebige Standort verlangte (100408). Das Gutachten schien zunächst nur ein neuer Vorstoß zur Abschaffung des EEG zugunsten eines europaweiten Zertifikatehandels zu sein. Mit dem Grundtenor können sich aber ebenso die DII-Firmen anfreunden, sofern die darin verlangte europaweite "Harmonisierung" als Ausdehnung des EEG auf die ganze EU zur Förderung des Wüstenstromprojekts verstanden wird.

Bundesregierung soll das Projekt in ihr Energiekonzept aufnehmen

Laut "Süddeutsche Zeitung" (27.8.) schickte DII-Geschäftsführer Paul van Son nun im August einen "Brandbrief" an Minister der Bundesregierung und führende Wirtschaftsvertreter, in dem er erneut massive politische und finanzielle Unterstützung verlangte. Unter anderem soll das Wüstenstromprojekt explizit in das Energiekonzept eingebunden werden, das die Regierung Ende September vorlegen will. Ferner verwies van Son darauf, daß Frankreich inzwischen mit "Transgreen" ein vergleichbares Firmenkonsortium gegründet habe. Zu den Adressaten gehörten die Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, Umweltminister Norbert Röttgen, Außenminister Guido Westerwelle und die Chefs der am DII-Konsortium beteiligten Firmen wie E.ON, RWE und Siemens.

Die Desertec-Stiftung stieß etwas verhaltener ins selbe Horn. In einem Gespräch mit "Deutschlandradio Kultur" (27.7.) sagte Max Schön, der seit April dem Aufsichtsrat vorsitzt: "Also, was die Technologie anbetrifft, würde ich sagen ist Deutschland nach wie vor in einer Spitzenposition weltweit. Was die Entschlossenheit, die politische Entschlossenheit anbetrifft, tatsächlich diese Dinge auch umzusetzen, international sich dafür einzusetzen - ich sag mal so eine Art Technologieaußenpolitik -, ich glaube, da ist Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern, die das sehr viel besser können wie USA, Frankreich, Japan, nach wie vor sehr viel schwächer. Da haben wir Nachholbedarf in Deutschland."

Frankreich will mit "Transgreen" den Stromtransport durchs Mittelmeer besorgen

Im Rahmen seines vor zwei Jahren gestarteten "Mittelmeer-Solarplans" (Plan Solaire Méditerranéen) betreibt Frankreich die Schaffung eines Konsortiums zur Verlegung von Hochspannungsleitungen durchs Mittelmeer. Die Kabel sollen den zukünftig in Nordafrika erzeugten Solarstrom nach Europa transportieren. Frankreichs Umweltminister Jean-Louis Borloo stellte das Projekt namens "Transgreen" beim Treffen der Energieminister der 43 Staaten der Union für das Mittelmeer (UfM) am 25. Mai in Kairo offiziell vor. Beteiligte Unternehmen wären unter anderen der französische Stromkonzern EDF und dessen Netztochter RTE, der Kabelspezialist Nexans und der Kraftwerksbauer Alstom, der auf Betreiben der französischen Regierung soeben von Areva den Geschäftsbereich Hochspannungstechnik übernommen hat (100113). Auch der Siemens-Konzern will sich an dem Projekt beteiligen, obwohl er bereits im DII-Konsortium engagiert ist. Aus französischer Sicht ist "Transgreen" keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung zum DII-Projekt, da dieses den Schwerpunkt auf die Stromerzeugung lege, während Transgreen sich auf die Stromübertragung beschränke.

Im DII-Konsortium dominieren klar deutsche Industrie- und Finanzunternehmen. Als französische Firma ist nur Saint Gobain Solar mit von der Partie. Dennoch sind die Internet-Seiten des Konsortiums ausschließlich in Englisch sowie – mit Blick auf Nordafrika – in Französisch und Arabisch abrufbar. Man überläßt es anscheinend bewußt der Desertec-Stiftung, beim deutschen Publikum für das Projekt zu werben. Auch deren Webseiten erscheinen zunächst auf Englisch, können aber auf Deutsch umgestellt werden.

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