Januar 2011

110103

ENERGIE-CHRONIK


 


Vor allem bei Photovoltaik und Biomasse haben die geltenden EEG-Bestimmungen zu ungesunden Entwicklungen geführt. Der Umweltrat will deshalb den jährlichen Zubau an Solaranlagen auf ein wesentlich niedrigeres Wachstum beschränken und den Bonus für nachwachsende Rohstoffe abschaffen. Die Grafik läßt deutlich die Kluft erkennen, die bei der Photovoltaik zwischen Vergütungen und Ertrag besteht. Dieses Mißverhältnis ist 2010 noch größer geworden

Quelle: Bundesnetzagentur, Monitoringbericht 2010

Umweltrat empfiehlt Beibehaltung des "Erfolgsmodells" EEG mit etlichen Korrekturen

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hat am 26. Januar ein Sondergutachten vorgelegt, in dem er sich grundsätzlich für die Beibehaltung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ausspricht, das neuerdings verschärften Angriffen seitens der Energiekonzerne (100408) und der EU-Kommission (110102) ausgesetzt ist. Das EEG habe sich als ein wirksames und vergleichsweise effizientes Instrument bewährt, heißt es in einer Kurzfassung des 680 Seiten umfassenden Gutachtens. Der Einspeisungsvorrang und die garantierten Vergütungen sollten als tragende Säulen beibehalten werden. Bei der Weiterentwicklung des EEG sei aber auf langfristige Kosteneffizienz und Optimierung des Energie-Mixes zu achten. Im einzelnen macht der Sachverständigenrat dazu folgende Vorschläge:


Der SRU-Vorsitzende Martin Faulstich (rechts) bei der Übergabe des 680 Seiten umfassenden Gutachtens an Bundesumweltminister Norbert Röttgen.
Pressefoto SRU
  • Für Offshore-Windkraftanlagen sollen künftig Ausschreibungsmodelle in Betracht gezogen werden, bei denen Bau und Betrieb der Anlagen an solche Unternehmen vergeben werden, die mit einer möglichst geringen Garantievergütung zufrieden sind.
  • Für Windkraftanlagen an Land soll das EEG in seiner bisherigen Form weitergeführt werden.
  • Bei der Photovoltaik soll sich die Förderung auf ein "niedriges, aber stabiles Wachstum" beschränken, damit ein "Aufbau unwirtschaftlicher Überkapazitäten" vermieden wird. Neben Abstrichen an den Vergütungssätzen sei auch eine absolute Obergrenze der geförderten Kapazitäten sinnvoll.
  • Bei Biomasse soll die Förderung stärker auf die Bereitstellung von Regelenergie und die Nutzung von Reststoffen ausgerichtet werden. Der Bonus für nachwachsende Rohstoffe soll wegen seiner negativen Umweltfolgen ganz abgeschafft werden.
  • Den EU-Beitrag zur Förderung der erneuerbaren Energien sieht das Gutachten in einer "Flankierung der nationalen Politik". Genannt werden der Ausbau der Stromfernübertragung sowie die Weiterentwicklung des Emissionshandels und der Erneuerbare-Energien-Richtlinie.

    Bessere Energieeffizienz durch Verkaufsobergrenzen für Strom an Haushalte

    Zur Einsparung von Strom schlägt das Gutachten vor, den Stromversorgern Verkaufsobergrenzen aufzuerlegen, die von der Anzahl der belieferten Haushalte abhängig sind. Ein Überschreiten dieser Verkaufsobergrenzen soll dann ähnlich wie beim CO2-Ausstoß den Erwerb entsprechender Berechtigungsscheine erfordern, die frei handelbar sind. Auf diese Weise werde Energieeffizienz zum strategischen Geschäftsziel der Versorger.

    Der Sachverständigenrat hält es für möglich, die gesamte deutsche Stromversorgung bis 2050 auf erneuerbare Energien umzustellen, wenn die Bundesregierung verläßliche Anreize für den weiteren Ausbau setzt. Hinzu müsse für den notwendigen Ausbau der Kapazitäten zur Stromspeicherung und der Netze gesorgt werden.

    Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) interpretierte das Gutachten als Aufforderung zu einem grundlegenden Umbau der bisherigen EEG-Förderung: "Die massiven Reformvorschläge des Sachverständigenrates zeigen, dass das EEG nur durch eine grundlegende Reform und Weiterentwicklung zu retten sein wird", erklärte die BDEW-Chefin Hildegard Müller am 21. Januar. Die Förderung müsse auf die ergiebigsten Erzeugungsarten konzentriert werden. Damit dürfte der Lobbyverband der Stromwirtschaft hauptsächlich Wind und Biomasse meinen.

    Sachverständigenrat berät Bundesregierung seit vierzig Jahren

    Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) wurde 1971 von der Bundesregierung eingerichtet, um diese in Fragen der Umweltpolitik zu beraten. Das heißt allerdings nicht, daß seine Ratschläge auch befolgt werden. So kritisierte er im Mai 2010 und auch jetzt wieder die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke als unnötig und kontraproduktiv für den Ausbau der erneuerbaren Energien, während die Regierung von einer angeblich notwendigen "Brückentechnologie" spricht. Im Juli 2007 warnte er vor der Beimischung von Biosprit zu Kraftstoffen (080403), was die EU jedoch nicht hinderte, verbindliche Quoten für die Beimischung festzusetzen. Ebenso erfolglos blieb Anfang 2004 seine Warnung vor der viel zu hohen Anzahl an kostenlos ausgegebenen Zertifikaten für die erste Periode des Handels mit Emissionsberechtigungen (040202).

    Der Rat besteht aus sieben Universitätsprofessoren mit besonderer Umweltexpertise, die unterschiedliche Fachdisziplinen vertreten und von der Bundesregierung für vier Jahre ernannt werden. Zur Zeit sind das Prof. Dr. Martin Faulstich (Vorsitzender), Technische Universität München; Prof. Dr. Heidi Foth (stellv. Vorsitzende), Universität Halle-Wittenberg; Prof. Dr. Christian Calliess, Freie Universität Berlin; Prof. Dr. Olav Hohmeyer, Universität Flensburg; Prof. Dr. Karin Holm-Müller, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn; Prof. Dr. Manfred Niekisch, Zoologischer Garten Frankfurt, Goethe Universität Frankfurt; Prof. Dr. Miranda Schreurs, Freie Universität Berlin.

    Links (intern)

    Links (extern, ohne Gewähr)