November 2011 |
111116 |
ENERGIE-CHRONIK |
Mehr als neunzig Prozent des des Stroms werden weiterhin außerhalb der Börse gehandelt. Mit insgesamt 9967 Terawattstunden (TWh) überstieg der außerbörsliche Handel im Jahr 2010 das an EEX und EPEX Spot (091209) gehandelte Volumen von 678 TWh (ohne OTC-Clearing) um fast das Fünfzehnfache. Davon entfielen etwa 3.720 TWh auf Direktabschlüsse zwischen zwei Vertragspartnern und 6.247 TWh auf sogenannte Brokerplattformen. Am gesamten Handelsvolumen von 10.645 TWh war die Börse also mit nur knapp sieben Prozent beteiligt. Dies ergibt sich aus dem "Monitoringbericht 2011", den die Bundesnetzagentur am 25. November veröffentlichte.
Insgesamt liegt der Schwerpunkt des Stromhandels auf Lieferungen im Folgejahr. Diese machen insgesamt 57 Prozent des Handels aus und fallen an allen Handelsplätzen am stärksten ins Gewicht. Bei den Brokerplattformen machen sie sogar 67 Prozent des Handels aus. Längerfristige Geschäfte werden dagegen vor allem im rein bilateralen Handel abgewickelt.
Allerdings konnte der börsliche Handel an EEX und EPEX Spot weiter zulegen und vergrößerte 2010 sein Volumen gegenüber dem Vorjahr um gut 70 Prozent. Der "unterjährige Handel" läuft sogar zu 42 Prozent über die Börse. Im einzelnen entfallen 10 Prozent auf den Zeitraum bis zu einem Quartal, 30 Prozent auf den sogenannten Day-Ahead-Handel (Vortageshandel mit Lieferung am Folgetag) und 2 Prozent auf den "Intra-Day-Handel" (Untertäglicher Handel mit Lieferung am selben Tag).
Der untertägliche Handel für Deutschland an der EPEX Spot hat sich 2010 mit 10,3 TWh gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Daran sind zu 43 Prozent die Netzbetreiber beteiligt, die seit 2010 die fluktuierende Erzeugung von EEG-Strom (Wind, Photovoltaik) über die Börse vermarkten und die notwendigen Ausgleichsmengen beschaffen müssen (100101). Vier Fünftel des untertäglichen Handels fanden 2010 aber mit schätzungsweise 43 TWh im rein bilateralen Handel statt, während Brokerplattformen mit 0,5 TWh in diesem Segment nur eine untergeordnete Rolle spielten.
Der über alle Tarife mengengewichtete durchschnittliche Elektrizitätspreis für Haushaltskunden stieg 2011 um über 2 Cent und lag am Stichtag 1. April 2011 bei 25,45 Cent/kWh. Der Anstieg sei hauptsächlich auf die höhere EEG-Umlage sowie auf eine Erhöhung des Preisbestandteils "Energiebeschaffung und Vertrieb" zurückzuführen, heißt es in dem Bericht. Beim Gas mußten die Haushaltskunden zum Stichtag 1. April 2011 im Grundversorgungstarif einen mengengewichteten durchschnittlichen Preis von 6,64 Cent/kWh zahlen gegenüber 6,48 Cent/kWh im Vorjahr. Wenn sie zu einem anderen Lieferanten wechselten, ergab sich gegenüber dem Grundversorgungstarif eine Einsparung um 8,7 Prozent.
Dagegen sind die Netzentgelte nochmals gesunken, und zwar von 5,81 Cent/kWh im Jahr 2010 auf 5,75 Cent/kWh im Jahr 2011. Dieser Rückgang ist wohl auf die Kooperation der vier Regelzonen-Betreiber zurückzuführen, die von der Bundesnetzagentur im März 2010 angeordnet wurde (100301). Der neue Netzregelverbund verringert den Bedarf an Regelenergie. Seit Juli 2010 wird auch die Minutenreserve deutschlandweit beschafft und abgerufen. Die Leistungsungleichgewichte der einzelnen Regelzonen werden saldiert, so daß nur noch der verbleibende Saldo durch Regelenergie ausgeglichen werden muß. Dies verhindert das bisherige "Gegeneinanderregeln" weitgehend und reduziert die Höhe der vorzuhaltenden Regelleistung. So verringerte sich der Bedarf an positiver Sekundär-Regelleistung (SRL) nach der zwangsweise verfügten Kooperation um rund 25 Prozent. Bei der negativen SRL betrug der Rückgang acht Prozent. Bei der Minutenreserveleistung (MRL)war dagegen die Entwicklung zwiespältig: Einem Rückgang um 28 Prozent bei der positiven MRL steht hier sogar ein leichter Mehrbedarf an negativer MRL (Abschalten von Windkraftanlagen) gegenüber, der 2009 noch ausgeprägter war. Die Bundesnetzagentur erklärt dies damit, daß die Regelzonenbetreiber ab 2009 die "EEG-Bewirtschaftung in Eigenregie durchführten", d.h. das neue EEG-Ausgleichsverfahren praktizierten, das dann mit dem Inkrafttreten der Ausgleichsmechanismus-Verordnung ab 2010 verbindlich wurde (091201).
Die Bereitschaft zum Lieferantenwechsel hat 2010 weiterhin leicht zugenommen: Die Strommenge der in der Grundversorgung belieferten Haushaltskunden ist mit 56,90 TWh um 1,5 Prozentpunkte auf 43,5 Prozent zurückgegangen. Entsprechend angestiegen ist die Strommenge der Kunden, die ihren Lieferanten gewechselt haben und beträgt nun 15,5 Prozent. Unverändert blieb dagegen mit 41 Prozent (53,73 TWh) der Strombezug solcher Haushaltskunden, die lediglich einen anderen Vertrag mit dem Grundversorger geschlossen haben. Die Grundversorger sind also an der Belieferung der Haushaltskunden in ihrem Bereich zu 84,5 Prozent beteiligt, womit sie nach Feststellung der Bundesnetzagentur ihre "regionale Dominanz" weiterhin behalten (siehe hierzu auch Hintergrund).