Dezember 2011 |
111216 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Bundeskartellamt hat am 5. Dezember den Berliner Wasserbetrieben (BWB)
eine Abmahnung wegen missbräuchlich überhöhter Trinkwasserpreise
geschickt. Die Behörde verlangt, daß die Wasserpreise in den nächsten
drei Jahren um durchschnittlich rund 19 Prozent gegenüber dem Stand von
2010 gesenkt werden müssen. Diese Senkung bezieht sich auf die Netto-Erlöse
über alle Tarife hinweg und ohne Steuern und Abgaben. Gegenüber 2010
würde das für die Berliner Wasserbetrieben eine Erlösminderung
von rund 205 Millionen Euro bedeuten, die den Berliner Wasserkunden unmittelbar
zugutekommt. Die Beteiligten haben nun Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine abschließende
Entscheidung ist für Anfang des Jahres 2012 geplant.
Die Berliner Wasserbetriebe sind der größte Wasserversorger Deutschlands
und einer der ganz wenigen, die sich mehrheitlich in privater Hand befinden.
Nach der 1999 erfolgten Privatisierung (990624) stiegen
die Berliner Wasserpreise bis 2007 fast doppelt so stark wie im Bundesdurchschnitt.
Der Anstieg um 21,59 Prozent betraf dabei ausschließlich die drei Jahre
ab 2004, da die beiden Konzerne RWE und Veolia sich bei ihrem Einstieg zur Nichtanhebung
der Preise bis Ende 2003 verpflichten mußten. Zu den geheimen vertraglichen
Abmachungen im Konsortialvertrag mit dem Senat gehörte allerdings auch,
daß die privaten Mehrheitseigentümer stärker von den Erlösen
profitieren durften, als ihnen anteilsmäßig zugestanden hätte.
Die Bürger Berlins erzwangen deshalb im Februar 2011 mit einem Volksentscheid
die komplette Offenlegung der Verträge, mit denen 1999 die Privatisierung
der Berliner Wasserversorgung erfolgte (110205).
Das Bundeskartellamt hat das Verfahren gegen die BWB im März 2010 eingeleitet. Die Behörde ermittelte zu diesem Zweck von allen 38 Städten in Deutschland mit mehr als 200.000 Einwohnern die Daten zur Wasserversorgung. Als Vergleichsmaßstab wurden schließlich die Preise in Hamburg, München und Köln herangezogen, da die Versorgungsbedingungen in diesen Metropolen strukturell denen in Berlin gleichen und die effektiven Kosten der Wasserversorgung nicht höher sind. Nach Feststellung des Bundeskartellamts ist qualitativ hochwertiges Wasser in Berlin reichlich und gut zugänglich vorhanden. Die Bedingungen der Wasserverteilung seien ebenfalls sehr günstig. Die Investitionskosten der BWB für die Sanierung des Berliner Ost-Wassernetzes habe man bei den Berechnungen berücksichtigt.
Die französische "Suez Environnement" (080618) verkaufte am 8. Dezember ihre deutsche Tochter Eurawasser an Remondis. Die in Berlin ansässige Eurawasser Aufbereitungs- und Entsorgungs GmbH betreibt die Wasserversorgung in Rostock, Güstrow, Schwerin, Goslar, Kreiensen, Leuna, Saale-Unstrut, Cottbus, Grafschaft sowie im Rheingau. Der Remondis-Konzern will sie mit dem eigenen Wasserunternehmen Remondis Aqua verschmelzen, sobald das Bundeskartellamt seine Zustimmung erteilt hat.
Die Remondis AG & Co. KG mit Sitz in Lünen entstand 2005 aus der Umbenennung der Rethmann Entsorgungs AG & Co. KG, die früher eher den Zuschnitt eines mittelständischen Familienunternehmens hatte. Sie wurde in Deutschland zum Branchenführer im Entsorgungsgeschäft, als der RWE-Konzern seinen Ausflug in diesen Geschäftsbereich beendete und die RWE Umwelt AG komplett an Remondis verkaufte (050202). Beim Rückzug der EnBW aus dem Entsorgungsgeschäft gehörte Remondis ebenfalls zu den Interessenten (070412). Das zweite Standbein des Konzerns ist das Geschäft mit Wasser und Abwasser. Ferner betätigt sich Remondis seit einiger Zeit auch im Energiesektor. So bot das Unternehmen für den Steinkohle-Verstromer Steag, als der Evonik-Konzern einen Juniorpartner suchte, der bis zu 49 Prozent der Anteile übernimmt (100710). Seit 2006 betreibt das Unternehmen ein Biomassekraftwerk, das gemeinsam mit der Steag neben deren Steinkohlekraftwerk in Lünen errichtet wurde.