März 2012 |
120311 |
ENERGIE-CHRONIK |
Von den 46 Millionen deutschen Haushaltskunden beziehen nur 4,3 Prozent auch Heizstrom, der aber mit 12,2 Prozent am gesamten Haushaltsstromverbrauch beteiligt ist. Quelle: Bundeskartellamt, Heizstrom-Marktüberblick
2010
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Quelle: Bundeskartellamt, Heizstrom-Marktüberblick
2010 (nach Destatis-Angaben aus dem Jahr 2008) |
Der Stromvertrieb Entega muß seinen Heizstromkunden rund fünf Millionen Euro zurückzahlen. Wie das Bundeskartellamt am 20. März mitteilte, hat er in den Jahren 2007 bis 2009 von Haushalts- und Kleingewerbekunden mißbräuchlich überhöhte Preise verlangt. Rund 23.000 Heizstromkunden können nun eine Rückzahlung von durchschnittlich 215 Euro plus Zinsen und Mehrwertsteuer erwarten. Der genaue Betrag ist vom individuellen Verbrauch abhängig. Die in Darmstadt ansässige Entega ist ein gemeinsames Unternehmen der HEAG Südhessissche Energie AG (HSE) und der Stadwerke Mainz, das seit elf Jahren den Strom- und Gasvertrieb der beiden Mutterhäuser besorgt (001015).
Das Bundeskartellamt schloß damit das letzte von 18 Mißbrauchsverfahren ab, die es im September 2009 gegen Heizstromversorger eingeleitet hat (090913). Fast alle diese Verfahren wurden bereits im September 2010 beigelegt, indem sich die betroffenen Unternehmen und weitere Heizstromversorger zu "umfassenden marktoffnenden Maßnahmen" verpflichteteten. Außerdem hatten sich 13 Unternehmen zur Rückzahlung von insgesamt 27,2 Millionen Euro bereiterklärt (100911).
Lediglich die Entega wehrte sich hartnäckig gegen das Auskunftsverlangen des Bundeskartellamts. Die für das Verfahren relevanten Daten stellte sie erst zur Verfügung, nachdem am 4. August 2010 das Oberlandesgericht Düsseldorf zugunsten des Bundeskartellamts entschied. Auch jetzt will das Unternehmen Beschwerde gegen die Verfügung des Bundeskartellamts einlegen. "Unsere Preise waren und sind angemessen", hieß es am 20. März in einer Pressemitteilung.
Im Vergleich mit den anderen Unternehmen war die Entega sogar der teuerste Heizstromversorger. Zum Teil lag dies an erhöhten Kosten bei der Strombeschaffung infolge von insgesamt fünf temperaturabhängigen Heizstrom-Lastprofilen, die der zuständige Verteilnetzbetreiber (VNB) Rhein-Main-Neckar vorgibt, der seinerseits zum HSE-Konzern gehört. Aufgrund dieser Lastprofile muß auch tagsüber in nennenswertem Umfang Strom an Heizstromabnehmer geliefert werden, was den Stromeinkauf verteuert. Das Kartellamt sah diese Mehrkosten als gerechtfertigt an. Aber auch dann waren die Entega-Preise noch zu hoch.
Das vom Bundeskartellamt angewendete Verfahren des Erlösvergleichs aufgrund des in § 29 GWB verschärften Kartellrechts (071104) weist allerdings methodische Mängel auf, weil es nicht die tatsächliche Kostensituation widerspiegelt. Es wird sich außerdem in dieser Form nicht wiederholen lassen, weil § 29 GWB nur noch bis Jahresende gilt. Vor allem läßt sich einwenden, daß das Kartellamt mit untauglichen Mitteln vorgeht und einen Wettbewerb herbeiführen will, der sich nicht herbeizwingen läßt, weil den starken Preisnachlässen für Heizstrom durch die Liberalisierung die wirtschaftliche Grundlage entzogen wurde (siehe Hintergrund).