Juni 2012

120609

ENERGIE-CHRONIK


 


Das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 ist fast fertiggestellt. Es darf aber nicht vollendet und in Betrieb genommen werden, weil die Behörden bei Erteilung der Baugenehmigung geschlampt und die Auswirkungen auf die Umwelt nicht richtig geprüft haben.

Pressefoto E.ON

E.ON braucht neue rechtliche Grundlagen für Datteln 4

In dem seit fünf Jahren andauernden Streit um die Gültigkeit der Baugenehmigung für das neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4 hat E.ON eine weitere Niederlage erlitten. Am 12. Juni hob das Oberverwaltungsgericht Münster den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid auf, mit dem die Bezirksregierung Münster Anfang 2007 den Beginn der Bauarbeiten ermöglicht hatte. Es gab damit einer Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) statt, der im April 2008 den Vorbescheid angefochten hatte, weil die Bezirksregierung unter anderem versäumt habe, die Auswirkungen des Vorhabens auf die Flora-Fauna-Habitat-Gebiete (FFH) an der Lippe hinreichend zu prüfen.

Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Der Vorsitzende betonte jedoch in der Urteilsverkündung, daß dieses Urteil nicht das endgültige Aus für das Kraftwerk bedeuten müsse. Es komme zunächst darauf an, ob die erforderlichen planungsrechtlichen Grundlagen geschaffen würden. Im Rahmen eines neuen Vorbescheids- oder Teilgenehmigungsverfahrens müsse dann überprüft werden, ob das Vorhaben FFH-verträglich sei und ob die weiteren Kritikpunkte des BUND – etwa hinsichtlich der Immissionsprognose – berechtigt seien.

Der Kraftwerksbau ist inzwischen fast fertiggestellt. Er darf aber bis auf weiteres nicht vollendet und in Betrieb genommen werden. Eine erste Niederlage erlitt E.ON schon im September 2008, als das Oberverwaltungsgericht auf Antrag eines Landwirts den Bebauungsplan für die bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen um den Kraftwerksbau für unwirksam erklärte. Eine E.ON-Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen diese Entscheidung wurde vom Bundesverwaltungsgericht im März 2010 zurückgewiesen.

Der Konzern hoffte zunächst auf eine Nachbesserung der fehlenden rechtlichen Grundlagen durch eine schwarz-gelbe oder schwarz-rote Koalition in Düsseldorf (100509). Ab Mai 2010 regierte jedoch eine rot-grüne Koalition, die jede politische Schützenhilfe verweigerte und stattdessen auf den Rechtsweg verwies (100710). Erfolglos blieben auch die Bemühungen um eine längere Betriebsdauer der drei alten Blöcke in Datteln und eines weiteren Steinkohlekraftwerks in Herne, die der Neubau Datteln 4 ersetzen sollte (120314).

Bei den jüngsten Landtagswahlen konnte die bisherige rot-grüne Minderheitsregierung in Düsseldorf ihre Position festigen und zu einer stabilen Mehrheit ausbauen (120501). In der neuen Koalitionsvereinbarung wird vorsichtig die Möglichkeit eines politischen Kompromisses angedeutet, der den Betrieb von Datteln 4 sowie des ebenfalls gestoppten Steinkohle-Projektes von Trianel in Lünen doch noch ermöglichen würde. Zum Beispiel soll eine "Plattform Kraftwerke" als Gesprächsforum eingerichtet werden. Wie schon im vorangegangenen Koalitionsvertrag heißt es außerdem, daß die Landesregierung "keine Kraftwerke baut und auch keine abreißt". Die Stadt Datteln hat inzwischen ein neues Bauleitplanverfahren eingeleitet, um dem Kraftwerksbau über die Hürden zu helfen.

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