Juni 2012

120614

ENERGIE-CHRONIK


Oligarch verlangt von RWE 675 Millionen Euro Schadenersatz

Der russische Oligarch Leonid Lebedew will von RWE 675 Millionen Euro Schadenersatz, weil der Konzern vor vier Jahren auf den geplanten Einstieg in den russischen Strommarkt verzichtet hat. Lebedew besitzt den Mischkonzern Sintez, der im März 2008 den Zuschlag für eine Drittelbeteiligung am Kraftwerksbetreiber TGK-2 erhielt. RWE wollte damals ein Gemeinschaftsunternehmen mit Sintez gründen, das über insgesamt 43 Prozent an TGK-2 verfügen sollte und an dem der deutsche Konzern mit 51 Prozent mehrheitlich beteiligt gewesen wäre (080310). Dazu kam es aber nicht, weil RWE dann doch Abstand von der Sache nahm (080908). Möglicherweise gab den Ausschlag, daß Sintez einen zu hohen Preis für die TGK-2-Anteile verlangte und damit zugleich den Blick der RWE-Manager für die hohen Risiken im Rußlandgeschäft etwas geschärft hat.

Lebedew pocht auf einen Vorvertrag mit RWE, aus dem die Absicht zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens hervorgeht. Er argumentiert, daß er andernfalls die TGK-2-Anteile nie gekauft und dafür einen Kredit in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro aufgenommen hätte. Er verfügt allerdings insoweit über einen schwachen Stand, als Sintez die Kraftwerksbeteiligung nun mal allein erworben hat und die Weitergabe an das noch zu gründende RWE-Unternehmen eine unverbindliche Absichtserklärung war.

Ein Londoner Schiedsgericht hat deshalb die Klage Lebedews bereits zurückgewiesen. Wie das "manager-Magazin" (18.5.) berichtete, haben die Anwälte des Oligarchen jedoch einen neuen Anlauf unternommen, indem sie eine entsprechende Klage beim Landgericht Essen einreichten. Sie liegt dort schon seit Ende 2011 vor. Sie richtet sich gesamtschuldnerisch gegen RWE und gegen den bisherigen Vorstandschef Jürgen Großmann, der zum 30. Juni aus dem Unternehmen ausgeschieden ist (110807).

Das "Manager-Magazin" würzte seinen Bericht mit einem Schreiben vom 2. Juli 2008, in dem RWE-Chef Großmann den ehemaligen Bundeskanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder um Hilfe bat. Offenbar wollte RWE damals noch immer die TGK-2-Anteile erwerben, konnte sich aber mit Lebedew nicht über die Modalitäten einigen. Faktisch forderte Großmann den Putin-Freund Schröder auf, beim obersten Kremlherrscher zugunsten von RWE zu intervenieren:

Lieber Gerd,

wie besprochen, brauchen wir Hilfe bei dem nunmehr endlich nötigen Vollzug unseres Erwerbs von TGK-2. Sintez hat als unser "Handlanger" den Zuschlag erhalten und fühlt sich jetzt nicht an die Abmachungen gebunden. Wie können wir sanften Druck auf Herrn Lebedev ausüben, dass er sein Wort hält? Könntest Du helfen?

Beste Grüße – besonders an Deine Familie

Dein Jürgen

 

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