Juli 2012 |
120713 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Gesamtaufkommen und die Verstromung von Steinkohle nahmen 2010 wieder zu. Der Anteil der deutschen Förderung nimmt dagegen unaufhaltsam ab. Ab 2019 werden die deutschen Steinkohlekraftwerke ihren Bedarf ausschließlich mit Importkohle decken. Quelle: BMWi/Energie-Daten
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Sechseinhalb Jahre vor dem definitiven Ende des deutschen Steinkohlebergbaues wurde am 30. Juni das letzte Bergwerk an der Saar geschlossen. Das nunmehr stillgelegte Bergwerk Saar in Ensdorf sollte eigentlich noch bis 2018 Kohle fördern. Am 23. Februar 2008 war es jedoch durch den Kohleabbau im Flöz Schwalbach zu einem Beben mit erheblichen Schäden gekommen, worauf die Landesregierung den Abbau vorübergehend stoppte. Als Konsequenz des Bebens wurde der Abbau in die Flöze Grangeleisen und Wahlschied verlagert, die weniger einsturzgefährdet waren, und die Beendigung des Bergbaues auf Mitte 2012 vorgezogen. Die Fördermenge von zuletzt etwa einer Million Tonnen diente fast komplett der Stromerzeugung in saarländischen Kraftwerken.
Am Festakt zur Beendigung des Saarbergbaues nahm auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (links) teil. Neben ihm der RAG-Vorstandsvorsitzende Bernd Tönjes und die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. Foto: RAG
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Der deutsche Steinkohlebergbau beschränkt sich damit auf vier Zechen in Nordrhein-Westfalen: Bis 2018 fördern dort noch die Bergwerke Ibbenbüren und Prosper-Haniel (Bottrop). Das Bergwerk West in Kamp-Lintfort (Niederrhein) wird bereits Ende dieses Jahres stillgelegt. Ende 2015 folgt die Zeche Auguste Victoria (Marl).
Der RAG-Konzern, der seit der Auslagerung seiner profitablen Bereiche in die Neugründung "Evonik" (070907) nur noch für die Stillegung des restlichen deutschen Bergbaues zuständig ist, beging das Ende an der Saar mit einem Festakt für rund 400 geladene Gäste und einer volksfestähnlichen "Mettenschicht" (ein Brauch, mit dem die Bergleute sonst vor Weihnachten das Jahr beschlossen). Am Abend läuteten landesweit die Kirchenglocken. Ein Bergmann überreichte dem RAG-Vorstand das letzte Stück Saarkohle.
Die RAG verfügt im Saarland über rund 2.350 Hektar ehemalige Bergbauflächen, von denen sich etwa 1.000 Hektar grundsätzlich als Standorte für regenerative Stromerzeugung durch Photovoltaik, Windkraft oder Biomasse eignen. Zunächst sollen von 2012 bis 2013 auf 17 ehemaligen Bergbaustandorten Solarparks mit einer Leistung von 90 Megawatt entstehen. Später ist an eine Verdoppelung dieser Leistung gedacht.
Außerdem erwägt man die Nutzung der Bergbauhalden bzw. der Gruben für kleinere Pumpspeicherkraftwerke. Schon Ende 2010 unterzeichneten die RAG Montan Immobilien und RWE Innogy eine Absichtserklärung zur Errichtung eines Kombikraftwerks aus Windkraft und Pumpspeicher. Dabei soll das Wasser eines tiefliegenden Sees in ein Becken auf der rund fünfzig Meter hohen Abraumhalde gepumpt werden. Als Leistung sind 15 bis 20 MW vorgesehen. Die RAG Montan Immobilien würde die Halden zur Verfügung stellen und RWE Innogy die Anlagen betreiben. Für die Erkundung der Realisierungsmöglichkeiten wurde ein Zeitrahmen von maximal 18 Monaten vereinbart.
"Die Haldenstandorte könnten sich hier als wahrer Schatz erweisen", meinte damals RWE Innogy-Chef Fritz Vahrenholt. "Sie liegen bis zu 100 Meter hoch, ihre Windausbeute ist sehr gut. Zudem kann ihr Gefälle für den Betrieb der Pumpspeicherkraftwerke genutzt werden, eine topographische Voraussetzung, wie wir sie im nördlichen Teil Deutschlands nicht so häufig haben. Ein weiterer wichtiger Vorteil: Wir müssen auf Halden nicht in gewachsene Naturlandschaft eingreifen, was die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich steigern dürfte."