Juli 2015

150706

ENERGIE-CHRONIK


EU will 900 Millionen Emissionsberechtigungen dauerhaft aus dem Markt nehmen

Das EU-Parlament verabschiedete am 8. Juli einen Vorschlag zur Reform des EU-Emissionshandelssystems, der Anfang Mai mit der Kommission und dem Rat abgesprochen wurde. Die Reform soll das Überangebot an Emissionszertifikaten und den damit verbundenen Preisverfall eindämmen, da sich das "European Emission Trading System" (ETS) in den zehn Jahren seit seiner Einführung als praktisch wirkungslos erwiesen hat (140406, 120203). Der Parlamentsbeschluß wurde mit 495 gegen 158 Stimmen bei 49 Enthaltungen angenommen. Die Reform kann in Kraft treten, wenn ihr im September auch der EU-Umweltministerrat zugestimmt hat.

Die 900 Millionen CO2-Emissionsberechtigungen, welche die Kommission zunächst nur vor vorübergehend vom Markt nehmen und am Ende der Handelsperiode wieder einspeisen wollte (130105), werden demnach Ende 2018 in eine Marktstabilitätsreserve (MSR) überführt und dauerhaft aus dem Handelssystem genommen. Diese Marktstabilitätsreserve wird auch nicht erst mit Beginn der vierten Handelsperiode im Jahr 2021 eingeführt, wie dies die Kommission ursprünglich plante (140109), sondern bereits zum 1. Januar 2019. Alle restlichen Zertifikate, die bis Ende des laufenden Handelszeitraums nicht zugeteilt sind, kommen ebenfalls in diese Reserve.

Grundsätzlich schafft das vorgeschlagene Gesetz ein System, das automatisch einen Teil der ETS-Gutschriften vom Markt nimmt und in eine Reserve einstellt, wenn der Überschuß eine bestimmte Schwelle überschreitet. Beim Unterschreiten dieser Schwelle könnten die Gutschriften dann wieder auf den Markt gebracht werden. Schätzungen zufolge beläuft sich der Überschuß derzeit auf über zwei Milliarden, wobei die Zertifikate sich seit 2009 im System angesammelt haben.

Kommission plant weitere Schritte zur Reform des Emissionshandels

Am 15. Juli legte die EU-Kommission einen weiteren Gesetzgebungsvorschlag zur Reform des ETS-Systems vor, über dessen Annahme nun das EU-Parlament und der Rat zu entscheiden haben. Er soll es ermöglichen, die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu verringern, wie dies im Oktober 2014 vom Europäischen Rat als "verbindliches Ziel" festgelegt wurde (141019).

Demnach würde mit Beginn der vierten Handelsperiode im Jahr 2021 die Anzahl der verfügbaren Emissionszertifikate jährlich um 2,2 Prozent sinken. Bisher werden jährlich nur 1,74 Prozent aus dem Markt genommen. Die Bedingungen für die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten sollen verschärft werden. Ferner sollen Unternehmen ab 2021 nicht mehr die Möglichkeit haben, sich Klimaschutzprojekte in Drittländern mit Emissionsrechten honorieren zu lassen. Der leicht zu bewerkstelligende Mißbrauch dieser 2004 eingeführten Regelung mit sogenannten CER- und ERU-Zertifikaten (040402, 050702) war einer der Gründe für den derzeitigen Überschuß und die Wirkungslosigkeit des ETS-Systems. Stattdessen werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, einen Teil ihrer Einnahmen aus Versteigerungen im Rahmen des ETS zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in Ländern außerhalb der EU zu nutzen.

VKU erwartet keinen wesentlichen Anstieg der Preise für CO2-Zertifikate

Der derzeitige Überschuß von etwa zwei Milliarden Emissionsberechtigungen hat unter anderem bewirkt, daß effiziente und klimaschonende Kraftwerke gegenüber emissionsintensiveren wie Braunkohlekraftwerken am Markt ins Hintertreffen geraten sind. Davon betroffen sind insbesondere die kommunalen Betreiber von Gaskraftwerken. Obwohl die jetzt vom EU-Parlament gebilligte Reform des ETS über den ursprünglichen Vorschlag der Kommission hinausgeht, wird sie nach Einschätzung des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) die Preise für CO2-Zertifikate mittelfristig nicht wesentlich erhöhen. "Die Lenkungswirkung in Richtung von Investitionen in klimaschützende Technologien werden wir in absehbarer Zeit nicht sehen", erklärte VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck.

 

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