Juli 2015 |
150712 |
ENERGIE-CHRONIK |
Am 10. Juli teilte die Electricité de France (EDF) mit, daß sie ihre 25,1 Prozent an der Energie Steiermark AG (Estag) in Österreich dem Macquarie European Infrastructure Fund IV (MEIF4) überläßt. Der Abschluß des Geschäfts werde im zweiten Halbjahr erwartet. Voraussetzung sei die Zustimmung des Bundeslandes Steiermark, das die Mehrheit an der Estag hält, sowie der Abschluß eines neuen Aktionärsvertrags zwischen dem Land und Macquarie.
Die Höhe des Kaufpreises wurde nicht mitgeteilt. Einem Bericht des "Wirtschaftsblatts" zufolge soll sie zwischen 270 und 340 Millionen Euro liegen. Das wäre in jedem Fall weniger als die rund 407 Millionen Euro, die EDF 1997 für den Einstieg beim viertgrößten österreichischen Energieversorger ausgab, um Bayernwerk und RWE ausstechen zu können (971208). Aber auch bei der EDF waren die finanziellen Ressourcen nicht unerschöpflich, und als sie 2002 in die roten Zahlen geriet, stand unter anderem die Estag-Beteiligung auf der Verkaufsliste (020804).
Der französische Staatsmonopolist hielt es dann aber anscheinend doch für sinnvoller, gemeinsam mit der von ihm dominierten Energie Baden-Württemberg (EnBW) und deren Beteiligung am niederösterreichischen Landesversorger EVN (061014) eine größere Rolle im österreichischen Energiemarkt anzustreben. Beim Versuch, weitere 24 Prozent der Estag zu übernehmen, scheiterte er aber 2007 aber am Widerstand des Landtags. "Das Land Steiermark wäre mit einem Schlag vom Willen eines der mächtigsten Atomenergiekonzerne der Welt abhängig", hieß es damals in einem Entschließungsantrag von Abgeordneten, welche die Beendigung der Kaufverhandlungen forderten.
Zum Rückzug der EDF aus Österreich, über den bereits 2009 spekuliert wurde, kam es dennoch erst jetzt. Auf der Hauptversammlung der EDF im Mai begründete Finanzdirektor Thomas Piquemal den geplanten Verkauf mit der Absicht, sich von allen nicht-strategischen Beteiligungen zu trennen, welche die EDF von ihrem eigentlichen Geschäft abhalten. Die so erzielten Erlöse würden in neue Aufgaben investiert.
Zu diesen nicht-strategischen Beteiligungen zählen dann wohl auch drei Heizkraftwerke in Ungarn, die 60 Prozent des Wärmebedarfs der Hauptstadt Budapest und drei Prozent des ungarischen Stromverbrauchs decken. Wie die EDF am 1. Juli mitteilte, wird sie ihre 95,6 Prozent am Betreiber Budapesti Erömü Zrt. (BERT) dem Energieunternehmen EP Energy verkaufen. Der Verkauf bedürfe noch der Genehmigung durch die ungarische Regulierungsbehörde und das französische Wirtschaftsministerium. Zur Höhe des Kaufpreises machten beide Seiten keine Angaben. EP Energy ist der zweitgrößte Energieversorger in Tschechien. In Deutschland gehört ihm das Braunkohleunternehmen Mibrag mit dem Kraftwerk Buschhaus sowie eine Beteiligung am Kraftwerk Schkopau (130907).