April 2016 |
160411 |
ENERGIE-CHRONIK |
Ende 2008 kletterte der "übliche Preis" mit 7,317 Cent pro Kilowattstunde auf einen nie mehr erreichten Spitzenwert. Momentan liegt er um fast zwei Drittel darunter. |
Der "übliche Preis", mit dem die Netzbetreiber die Einspeisung von Strom aus Blockheizkraftwerken mit einer elektrischen Leistung bis zu 100 Kilowatt vergüten, beträgt im zweiten Quartal dieses Jahres nur noch 2,517 Cent pro Kilowattstunde. So gering war die Vergütung noch nie, seitdem sie 2004 an den vierteljährlichen Durchschnittspreis für Grundlaststrom an der Strombörse EEX gebunden wurde.
Der "übliche Preis" wird seit Jahresbeginn nur noch an Betreiber von Anlagen mit einer elektrischen Leistung bis zu 100 Kilowatt gezahlt, da das novellierte Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) in § 4 für größere KWK-Anlagen die Direktvermarktung oder den Selbstverbrauch des erzeugten Stroms vorschreibt. Er ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel der Spotmarkt-Preise des jeweils vergangenen Quartals. Insofern unterscheidet er sich nur relativ wenig von den Preisen, die per Direktvermarktung am Spotmarkt erzielt werden. Die Direktvermarkter leiden aber unter dem Verfall der Großhandelspreise stärker, da bei ihnen der Verkaufserlös im Verhältnis zum KWK-Zuschlag eine größere Rolle spielt.
Gemäß dem seit Jahresanfang geltenden § 7 KWKG bemißt sich der KWK-Zuschlag folgendermaßen nach Leistungsanteilen:
– bis 50 Kilowatt 8 Cent/kWh (zuvor 5,41 Cent)
– über 50 bis 100 Kilowatt 6 Cent/kWh (zuvor 4 Cent)
– über 100 bis 250 Kilowatt 4 Cent/kWh (unverändert)
– über 250 Kilowatt bis 2 Megawatt 2,4 Cent/kWh (unverändert)
– über 2 Megawatt 1,8 Cent/kWh (unverändert)
In der Leistungsklasse bis 100 Kilowatt, die weiterhin den "üblichen Preis" beanspruchen kann, sind somit die Verkaufserlöse in der Gesamtrechnung deutlich weniger wichtig als der KWK-Zuschlag. Zum Beispiel erhält der Betreiber eines kleinen Blockheizkraftwerks mit einer Leistung bis 50 Kilowatt aktuell 2,517 Cent/kWh für die Einspeisung und 8 Cent/kWh an Förderzuschlag. Die Gesamtsumme von 10,517 Cent/kWh erhöht sich noch um vermiedene Netzentgelte gemäß § 18 der Stromnetzentgeltverordnung, die je nach Art der dezentralen Einspeisung etwa 0,5 bis 1,5 Cent/kWh betragen. Insgesamt kommen so rund 11,5 Cent/kWh zusammen. Bei einem Heizkraftwerk mit einer Leistung von über 2 MW ist dagegen der momentan geringe Börsenerlös noch immer größer als der KWK-Zuschlag von 1,8 Cent/kWh.
Die Einspeisungsvergütung für KWK-Strom wurde zunächst durch eine Vereinbarung der Branchenverbände geregelt, die seit 1979 bestand und ganz allgemein die Stromeinspeisung aus privaten Kraftwerken betraf. Bis zum Erlaß des Stromeinspeisungsgesetzes im Jahr 1990 – dem Vorläufer des Erneuerbare-Energien-Gesetzes – galt diese Verbändevereinbarung auch für die Einspeisung aus regenerativen Energiequellen. Zuletzt war sie 1994 erneuert und angepaßt worden (940906).
Das im Jahr 2000 erlassene "Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz" führte dann auch für die Einspeisung von KWK-Strom erstmals gesetzlich festgelegte Mindestsätze ein und entzog sie damit dem Bereich privatrechtlicher Vereinbarungen. Es handelte sich aber nur um eine provisorische Maßnahme, um Bestandsanlagen der öffentlichen Versorgung zu schützen. In erster Linie ging es darum, den Stadtwerken aus der Klemme zu helfen, deren KWK-Anlagen nach der Liberalisierung des Strommarktes unrentabel zu werden drohten (000301). Da eine umfassendere KWK-Förderung bereits geplant war, wurde dieses Gesetz auch als "KWK-Vorschaltgesetz" bezeichnet (000402).
Das folgende "Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz" (KWKG), das der Bundestag Anfang 2002 verabschiedete, betraf nicht mehr nur die Bestandsanlagen der öffentlichen Versorgung. Je nach Leistungsbereich und anderen Voraussetzungen gewährte es allen Betreibern von bestehenden, neuen oder modernisierten KWK-Anlagen feste Förderzuschläge pro eingespeister Kilowattstunde. Zusätzlich zu diesem neu eingeführten KWK-Zuschlag hatten die Netzbetreiber den "üblichen Preis" für den Marktwert des eingespeisten Stroms zu entrichten (020101).
Allerdings hatte es der Gesetzgeber versäumt, diesen "üblichen Preis" hinreichend zu präzisieren. In § 4 Absatz 3 des Gesetzes hieß es lediglich, daß die Netzbetreiber außer dem KWK-Förderzuschlag auch einen vereinbarten Preis für den aufgenommenen Strom zu zahlen hätten. Falls eine solche Vereinbarung nicht zustande komme, gelte ersatzweise "der übliche Preis als vereinbart, zuzüglich dem nach den anerkannten Regeln der Technik berechneten Teil der Netznutzungsentgelte, der durch die dezentrale Einspeisung durch diese KWK-Anlage vermieden wird".
Lediglich in der Begründung des Gesetzes fand sich ein Hinweis darauf, wie dieser Preis ermittelt werden könnte: "Für die Ermittlung des üblichen Preises werden die an den Strombörsen im Geltungsbereich dieses Gesetzes festgestellten Preise herangezogen, wobei die Einspeisungscharakteristik des Stroms zu berücksichtigen ist." Das war aber viel zu vage und unverbindlich, um als klare Vorgabe dienen zu können.
Die Netzbetreiber nutzten die Unbestimmtheit dieser Regelung aus, um die Vergütungen für Einspeisungen aus kleinen KWK-Anlagen kräftig abzusenken. Diese lagen nun bis zur Hälfte unter den Sätzen der früher geltenden Verbändevereinbarung (030102). Der Bundestag beschloß deshalb im April 2004 eine Ergänzung von § 4 Absatz 3 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes, die folgendermaßen lautete: "Als üblicher Preis gilt der durchschnittliche Preis für Baseload-Strom an der Strombörse EEX in Leipzig im jeweils vorangegangenen Quartal." (040401) Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung, die zum 1. August 2004 in Kraft trat, führte die Strombörse EEX den "KWK-Index" ein (siehe Grafik). Er enthält die durchschnittlichen Quartals-Preise für Grundlaststrom als Referenzwert für den "üblichen Preis" (041005).