Juni 2016 |
160610 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Bundesregierung hat am 2. Juni eine Neufassung der "Verordnung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten" vorgelegt. Diese kann aber erst in Kraft treten, wenn das "Strommarktgesetz" verabschiedet ist, da sie sich auf dadurch eingeführte Ermächtigungsgrundlagen im Energiewirtschaftsgesetz stützt. Da sich das Strommarktgesetz weiter zu verzögern schien – am 23. Juni wurde es dann doch kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt und verabschiedet (160604) – hat der Bundestag hat deshalb am 9. Juni zum zweiten Mal einer provisorischen Verlängerung der alten Verordnung zugestimmt.
Die erneute Verlängerung kam bei Stimmenthaltung der Opposition zustande. Linke und Grüne kritisierten, daß die Neuregelung nicht innerhalb der eingeräumten Frist auf den Weg gebracht wurde. Die Linke bezweifelte außerdem, ob die Neuregelung tatsächlich notwendig und geeignet sei. Insgesamt stelle sich die Frage, ob hier nicht eine unnötiger Parallelmarkt zum Regelenergiemarkt geschaffen werde.
Die seit 2013 geltende Verordnung war ursprünglich bis Ende 2015 befristet (121103). Sie honoriert industriellen Großstromverbrauchern einen kurzzeitigen Lastabwurf, um auf diese Weise Regelenergie zu gewinnen. Die Bundesnetzagentur hatte aufgrund der bisherigen Erfahrungen von einer Verlängerung abgeraten, weil den Übertragungsnetzbetreibern genügend andere, besser geeignete und billigere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um Netzproblemen zu begegnen. Die von Union und SPD getragene Bundesregierung hatte sich dagegen für die Beibehaltung und Weiterentwicklung dieses Instruments ausgesprochen.
Vor diesem Hintergrund wurde die alte Regelung bereits Ende 2015 um ein halbes Jahr verlängert (151205). Nun gilt sie längstens bis 30. September 2016, sofern nicht schon früher die Neufassung in Kraft tritt. Diese ist bis zum 1. Juli 2022 befristet.
Die neue Verordnung regelt die Pflichten der Übertragungsnetzbetreiber zur Beschaffung von Ab- und Zuschaltleistung gemäß Abs. 6 des neugefaßten § 13 im Energiewirtschaftsgesetz. Sie stützt sich dabei auf die entsprechenden Verordnungsermächtigungen in § 13 i (Abs. 1 und 2). Wie schon bisher unterscheidet sie zwei Kategorien: "Schnell abschaltbare Lasten" müssen innerhalb von 15 Minuten durch die Übertragungsnetzbetreiber eingesetzt werden können. Dagegen sind "sofort abschaltbare Lasten" ohne Verzögerung abrufbar oder werden bei Unterschreiten einer vorgegebenen Netzfrequenz automatisch aktiviert. Nach § 8 der geplanten Verordnung müssen die Übertragungsnetzbetreiber für jede der beiden Kategorien wöchentlich gemeinsam eine Abschaltleistung von 750 MW ausschreiben.
Die Bundesregierung beziffert die Kosten, die 2015 durch die alte Verordnung entstanden, mit insgesamt etwa 30 Millionen Euro. Die neue Verordnung erhöhe diese Summe um rund fünf Millionen Euro. Für den Durchschnittshaushalt ergebe sich daraus eine jährliche Mehrbelastung von 29 Cent.