April 2018 |
180403 |
ENERGIE-CHRONIK |
Um weitere Erdbeben und damit verbundene Schäden zu verhindern, wollen die Niederlande die Erdgas-Förderung in der Provinz Groningen noch stärker als bisher absenken. Bis 2030 soll das größte Erdgasfeld Europas sogar ganz stillgelegt werden. Ende März billigte die Regierung in Den Haag eine entsprechende Erklärung, die Wirtschaftsminister Wiebes dem Parlament übermittelte.
Die Quelle des Erbebenrisikos müsse völlig eliminiert werden, um die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl in der Provinz zu gewährleisten, heißt es in dem Schreiben, das vom 29. März datiert ist. Deshalb dürfe die Förderung spätestens ab Oktober 2022 – möglicherweise sogar ein Jahr früher - höchstens noch 7,5 Milliarden Normkubikmeter betragen. Notfalls müsse sie noch stärker zurückgefahren werden. Bis 2030 soll sie schrittweise weiter sinken und schließlich ganz auslaufen.
Im Januar war es zum schwersten Erdbeben seit fünf Jahren gekommen. Das Epizentrum lag in der Gemeinde Zeerijp und erreichte eine Stärke von 3,4 auf der Richter-Skala. Im Februar gab es weitere Beben mit Stärken zwischen 1,7 und 2,2. Die Fördergesellschaft Nederlandse Aardolie Maatschappij (NAM) wurde daraufhin von der staatlichen Bergbauaufsicht (SodM) angewiesen, die Förderung aus dem gesamten Groninger Gasfeld von derzeit 21,6 auf maximal 12 Milliarden Kubikmeter jährlich zu reduzieren (180207).
Mit dem jetzt gefassten Beschluss setzt die Regierung das Förderlimit ab dem Gasjahr 2022 noch weiter herunter. Nur so lasse sich das Risiko schwerer Beben wirksam verringern. Ferner werde es leichter, gefährdete Gebäude zu verstärken und zu erhalten. Für die Maßnahmen zur Vorbeugung und Beseitigung von Schäden will die Regierung 2,5 Prozent der Erdgas-Einnahmen zur Verfügung stellen.
Um die Versorgung trotz des Förderrückgangs sicherzustellen, soll hochkalorisches Erdgas aus anderen Quellen das niedrigkalorische Groningen-Gas ersetzen. Von industriellen Verbrauchern wird erwartet, dass sie ihre Anlagen entsprechend umrüsten. Betroffen sind insgesamt 170 Unternehmen mit einem Verbrauch von 4,4 Milliarden Normkubikmeter. Allein die Umstellung der acht größten Verbraucher würde die Nachfrage nach Groningen-Gas um 2,4 Milliarden Kubikmeter reduzieren. Zur Zeit gibt es "konstruktive Gespräche" mit 45 dieser Unternehmen, die eine jährliche Nachfrage von 3,4 Milliarden Normkubikmeter repräsentieren.
Für andere Kunden wird dem hochkalorischen Erdgas soviel Stickstoff beigemengt, dass sein Brennwert auf den des Groningen-Gases sinkt. In Zuidbroek entsteht derzeit für 500 Millionen Euro eine neue Stickstoffanlage, die es bis 2022 ermöglichen soll, die Förderung aus dem Groningen-Feld jährlich um rund sieben Milliarden Normkubikmeter zu verringern. Die Kosten der Anlage werden über die Netzentgelte auf den Gaspreis umgelegt. Außerdem will man gemeinsam mit der Hausgeräte-Branche die privaten Verbraucher anregen, von Gas- auf Elektroherde umzusteigen.
Wie aus dem Schreiben des niederländischen Wirtschaftsministers an das Parlament weiter hervorgeht, ist auch der deutsche Energieversorger EWE von den Föderbeschränkungen betroffen. Unter anderem plane er den Bau einer eigenen Stickstoffanlage, um die Importmenge von 1,7 Milliarden Normkubikmeter auszugleichen, die er künftig nicht mehr aus Groningen beziehen kann.