November 2019 |
191109 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Energieversorger Eneco, der bislang 44 niederländischen Kommunen gehört, bekommt japanische Eigentümer. Wie er am 25. November bekanntgab, wird ein Konsortium aus dem Technologiekonzern Mitsubishi und dem Energieversorger Chubu hundert Prozent des Eigenkapitals übernehmen, wobei Mitsubishi mit 80 Prozent das Sagen hat. Der Kaufpreis beträgt 4,1 Milliarden Euro.
Eneco stand seit längerem auf der Verkaufsliste. Interessenten waren unter anderen Shell, die Private-Equity-Firma KKR, Total, Engie, Enel und Verbund. Dem britisch-niederländischen Ölkonzern Shell, der ins Stromgeschäft einsteigen und sich ein neues Image zulegen möchte, wäre das "grüne" Profil des Unternehmens gelegen gekommen. Genau aus diesem Grund gab es aber inner- wie außerhalb des Unternehmens erheblichen Widerstände gegen einen solchen Verkauf. Schon das Ausscheiden des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Jeroen de Haas im Jahr 2016 wurde auf Meinungsverschiedenheiten zurückgeführt, die es in diesem Punkt zwischen dem Management und den Eigentümern gab. De Haas galt als engagierter Vertreter einer weiterhin "nachhaltigen" Ausrichtung des Unternehmens.
Wie jetzt in der Pressemitteilung hervorgehoben wurde, hat das japanische Konsortium nicht nur preislich das beste Angebot gemacht, sondern unterstützt auch "voll und ganz die Stärkung der nachhaltigen Strategie von Eneco". Die neuen Eigentümer wollten das Geschäft von Eneco international weiter ausbauen. Mitsubishi plane die Übertragung eines Teils seiner Offshore-Windaktivitäten. Eneco bleibe als integriertes und unabhängiges niederländisches Energieunternehmen erhalten. Ebenso die firmeneigenen Marken, die Unternehmenskultur, die Unternehmensidentität, die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen und der Hauptsitz in Rotterdam.
Die Verhandlungen mit den Japanern und anderen Interessenten führte ein Gesellschafterausschuss, dem acht der kommunalen Eigentümer angehören, darunter die Städte Rotterdam, Den Haag und Dordrecht, die zusammen über 57 Prozent der Anteile verfügen. Der Vertragsabschluss muss noch von der Gesamtheit der Eigentümer gebilligt werden. Nach Eneco-Angaben ist dies im ersten Halbjahr 2020 zu erwarten. Die anderen Gesellschafter hätten inzwischen zu 95 Prozent ihr Einverständnis signalisiert. Seit Anfang dieses Jahres sind das 44 Gemeinden. Früher waren es 53.
Die drei Mehrheitsgesellschafter Rotterdam, Den Haag und Dordrecht hatten auf den Verkauf von Eneco gedrängt, nachdem im Februar 2017 der Netzbetrieb Stedin ausgegliedert worden war. Sie können nun – entsprechend ihren Anteilen – mit Erlösen von 1,3 Milliarden, 676 Millionen und 328 Millionen Euro rechnen. Der Netzbetrieb bildete ein Hindernis bei der geplanten Privatisierung, weil die niederländischen Vorschriften den Erwerb von Anteilen an einem Strom- oder Gasverteilernetzbetreiber durch private Investoren verbieten. Außerdem dürfen Verteilernetzbetreiber und Vertriebsgesellschaften nicht im gleichen Konzern angesiedelt werden. Eneco hatte diese Vorschrift gemeinsam mit Essent und Delta beim Europäischen Gerichtshof angefochten. Die drei vertikal integrierten Energieversorger hatten damit aber keinen Erfolg, weshalb die eigentumsrechtliche Entflechtung unumgänglich wurde (131013). Stedin und Eneco sind seitdem eigenständige Unternehmen, wobei die Listen der Anteilseigner bis jetzt noch identisch sind. Eine Privatisierung von Eneco wäre aufgrund der Unbundling-Vorschriften jedoch nicht erforderlich gewesen. Soweit bekannt, gab es gegen die Privatisierung selber keine Proteste. Bei den Meinungsverschiedenheiten ging es vielmehr um die Erhaltung des "nachhaltigen" Unternehmensprofils.
Eneco hat rund 3000 Beschäftigte. In den Niederlanden und Belgien soll das Unternehmen mehr als vier Millionen Stromkunden haben. Im vergangenen Jahr belieferte es diese mit 10.652 Gigawattstunden, die zu 46 Prozent aus erneuerbaren Quellen kam. Es verfügt über eine Eigenerzeugung mit einer (Nenn-)Leistung von 3147 MW, die zu zwei Dritteln aus Windkraft (2717 MW) sowie Photovoltaik (170 MW) und Biomasse (59 MW) besteht. Der Rest sind konventionelle Wärmekraftwerke und KWK-Anlagen.
In Deutschland gründete Eneco vor drei Jahren zusammen mit Mitsubishi die EnspireME GmbH, die in Schleswig-Holstein einen 50-MW-Batteriespeicher errichtete und betreibt (181214). Anfang 2017 folgte eine hälftige Beteiligung am "Ökostrom"-Anbieter Lichtblick (170113), der knapp zwei Jahre später komplett übernommen wurde (181209). Hinzu kam im März 2017 eine Beteiligung von 34 Prozent am Stromhändler Next Kraftwerke, der als Direktvermarkter von EEG-Strom tätig ist.