Dezember 2020

201206

ENERGIE-CHRONIK


Kartellamt sieht RWE an der Schwelle zur Marktbeherrschung

Die Marktmachtverhältnisse auf dem deutschen Stromerstabsatzmarkt seien im Moment noch nicht als kritisch zu bewerten. Mit RWE stehe jedoch der mit weitem Abstand führende Anbieter bereits vergleichsweise nahe an der Vermutungsschwelle für eine marktbeherrschende Stellung. Zu dieser Feststellung gelangt das Bundeskartellamt in seinem zweiten "Marktmachtbericht", den es am 28. Dezember vorlegte (PDF). Als Folge des Atom- und Kohleausstiegs könne sich deshalb "eine marktbeherrschende Stellung von RWE bereits bei einer vergleichsweise geringfügigen weiteren Verknappung der Marktverhältnisse ergeben".

Die Behörde verweist darauf, dass sie schon im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens RWE/E.ON und ihres ersten Marktmachtberichts 2019 zu einem ähnlichen Befund gelangt sei: Demnach sei RWE zwar noch nicht als marktbeherrschend einzustufen gewesen, "aber bereits in einer nicht unerheblichen Anzahl von Stunden unverzichtbar für die Deckung der Nachfrage". Sie habe deshalb beschlossen, "die Marktmachtverhältnisse in dieser Zeit der strukturellen Umbrüche in der deutschen Stromerzeugung regelmäßig und in einem geringeren als dem gesetzlich vorgesehenen Zweijahres-Rhythmus zu prüfen". Aufgrund von § 53 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen wäre sie zur Vorlage des Berichts nur alle zwei Jahre verpflichtet.

Marktmachtprobleme bei Regelenergie "zumindest nicht ausgeschlossen"

Kritisch sieht das Bundeskartellamt auch "die jüngsten Veränderungen im Bereich der Regelenergie, die mögliche Marktmachtprobleme in diesem Bereich zumindest nicht ausgeschlossen erscheinen lassen" (201203). Durch die Einführung des Regelarbeitsmarktes ab November 2020 sei eine tiefgreifende Änderung des Marktdesigns erfolgt. Die bisher vorliegenden Daten ließen "eine vergleichsweise geringe Liquidität des Marktes und potentiell erhebliche Preissetzungsspielräume einzelner Akteure" erkennen. Da die Einführung des Regelarbeitsmarktes erst nach Ende des Berichtszeitraums (1. Oktober 2019 bis 30. September 2020) erfolgte, sei aber eine umfassende Analyse der Marktmachtverhältnisse in diesem Bereich noch nicht möglich gewesen.

 

Links (intern)

Link (extern, ohne Gewähr)